Mit Blumenduft gegen ARA_Mief

St.Galler Tagblatt, 27.04.2020, von Jolanda Riedener

Die Emissionen der Abwasseranlage Altenrhein nehmen im Sommer wieder zu, sind aber kein Vergleich zu 2019.

«Nun ist es seit Wochen wieder so weit; die ARA stinkt grässlich», schreibt der Altenrheiner Richard Bischof in seinem Leserbrief vom Samstag. Vor kurzem
ist das Areal des Abwasserverbands Altenrhein für seine naturnahe Gestaltung ausgezeichnet worden. Die Reinigungsleistung der Abwasseranlage ist weiter vorbildlich. Die ARA Altenrhein ist die erste Anlage in Europa – und eine der wenigen weltweit –, die über eine vierte Reinigungsstufe Spurenstoff-Partikel mit Ozon und Aktivkohle aufspaltet, absorbiert und abscheidet («Tagblatt» vom 22. Juli). Doch mit Inbetriebnahme dieser Reinigungsstufe ist es vergangenen Sommer im Dorf vermehrt zu unangenehmen Gerüchen gekommen. Dass in diesem Monat wieder etwas mehr Meldungen von Anwohnern eingegangen sind, kann Geschäftsführer Christoph Egli bestätigen. Generell seien die Geruchsimmissionen an heissen, schwülen Sommertagen mit wenig Luftbewegung wahrscheinlicher als sonst. Allerdings: Im Vergleich zum vergangenen Jahr seien es deutlich weniger Reklamationen – insbesondere aus der nahen Nachbarschaft. «Das bestätigt uns, dass wir die Ursachenbehebung richtig angegangen sind und Optimierungen weiter vorantreiben », sagt Egli.

Unangenehme Gerüche mit Angenehmen übertönen

Im November hat die ARA die Bevölkerung zu einer Informationsveranstaltung eingeladen. Mit Hilfe von Probanden und Messungen versuchte man der Sache auf den Grund zu gehen. Das in der Folge erarbeitete Massnahmenpaket zeigte Wirkung: «Bis Mitte Juni sind nur vereinzelt Meldungen wegen Geruchsimmissionen eingegangen», sagt Christoph Egli. Nebst der verbesserten Luftwäsche wurde versuchsweise eine Odorierung installiert, die an anderen ARA-Standorten guten Erfolg gezeigt habe. «Das Ziel ist es, Restgerüche so gut wie möglich positiv zu besetzen», sagt er. So werden den Gerüchen
aus der Abwasseranlage Blumendüfte zur Geruchsminderung beigemischt. Auch bei der Gemeindeverwaltung in Thal sind in diesem Jahr praktisch keine Reklamationen wegen unangenehmer Gerüche eingegangen, bestätigt Gemeinderatsschreiber Christoph Giger auf Anfrage.

Abwasseranlage ganz ohne Gerüche gibt es nicht

Dass sich etwas an den Gerüchen geändert hat, stellte auch Richard Bischof fest: «Es riecht ekelhaft, aber auf eine andere Art», sagt er. Bischof wohnt schon viele Jahre direkt neben der Anlage. Es sei ihm klar, dass es ohne Immissionen nicht geht. Während des Lockdowns im Frühjahr seien die Gerüche im Rahmen des Normalen gewesen. «Lange war es gut, aber diesen Sommer mussten wir ein paarmal unser Mittagessen nach drinnen verschieben», sagt er. Auch beim nahe gelegenen Camping Idyll bereiten die Gerüche sorgen: Reklamationen deswegen gebe es immer und der Gestank werde von Besuchern auch gerne in Onlinebewertungen erwähnt.
Laut Egli habe das Minimieren von Geruchsemissionen oberste Priorität. «Wir nehmen die Anliegen der Anwohner sehr ernst und pflegen mit ihnen einen guten Austausch», sagt er. Es seien bereits weitere technische Verbesserungen, die in der Pilotierung Wirkung gezeigt hatten, in Auftrag gegeben.

Tausendmal sauberer als früher

St.Galler Tagblatt, 22.07.2020, von Rudolf Hirtl

Die im Herbst in Betrieb genommene vierte Stufe der Abwasserreinigungsanlage in Altenrhein macht es möglich: Das Wasser ist so sauber wie nie zuvor. Ozon spielt dabei eine wichtige Rolle. Nicht herausgefiltert werden Coronaviren, die im Abwasser nachgewiesen wurden. Wieso das Baden in See und Fluss dennoch keine Ansteckungsgefahr birgt.

Es hat beinahe Trinkwasserqualität, das Wasser, das in den Alten Rhein entlassen wird, nachdem es zuvor verschiedenste Reinigungsstufen passiert hat. Die vierte und modernste Stufe wurde im vergangenen Herbst in Betrieb genommen. Die ARA Altenrhein, ein Zweckverband von 17 Gemeinden aus zwei Kantonen, hat für die zusätzliche Reinigungsstufe, welche Spurenstoff-Partikel mit Ozon und granulierter Aktivkohle zuerst aufspaltet, ab­sorbiert und dann abscheidet, rund 18 Millionen Franken ausgegeben.

Nötig wurde dies, weil der Bund Anfang 2016 neue Bestimmungen für Abwasserreinigungsanlagen in Kraft setzte. Diese fordern die Erweiterung mit einer zusätzlichen Stufe zur Elimination von Mikroverunreinigungen.

Eine Reinigungsleistung von beinahe 100 Prozent

In Altenrhein, wo die erste Anlage dieser Art in Europa und eine der wenigen weltweit läuft, haben sich die Investitionen mehr als gelohnt. «Unsere Betriebserfahrungen sind sehr erfreulich. Wir haben eine Reinigungsleistung von gemittelt 95 Prozent, gesetzlich vorgeschrieben sind 80 Prozent», sagt Geschäftsführer Christoph Egli.

Auf Fäkalkeime getestet

Obwohl gesetzlich nicht dazu verpflichtet, überprüfen ARA-Mitarbeiter jeweils im Sommer die Wasserqualität nahe der Anlage auf die Fäkalkeime E. coli und Enterokokken. Einerseits oberhalb und unterhalb des Einlaufes in den Alten Rhein und ergänzend an den Badestränden an der Mündung zum Bodensee.

«Die Ergebnisse waren stets in Ordnung, doch seit Inbetriebnahme der vierten Reinigungsstufe stellen wir im Auslauf zirka 1000 mal weniger Keime fest»,

sagt Egli und ergänzt mit einem Schmunzeln, dass das Wasser des Alten Rheins gelegentlich mehr Keime aufweise als das von der ARA gereinigte Abwasser.

Coronaviren wurden im Abwasser nachgewiesen

Laut Mitteilung des Bundesrates wurde das neue Coronavirus im Abwasser nachgewiesen. Von zwölf Kläranlagen, neun davon aus dem Tessin, wurden seit dem Bekanntwerden der ersten Covid-19-Erkrankungen Proben genommen. Die Resultate sollen nun den Aufbau eines Systems mit Frühwarnfunktion ermöglichen. Abwasser lüge nicht und spiegle innert weniger Stunden, was die Bevölkerung ausscheide.

Coronaviren im Abwasser: Kann man trotzdem bedenkenlos schwimmen im Bodensee? «Weder auf wissenschaftlicher Basis noch aus Erfahrungswerten ist bei ARA-Mitarbeitern eine Häufung von Covid-19-Fällen bekannt. Eine Ansteckung über Abwasser konnte bisher also nicht beobachtet werden», sagt der Geschäftsführer. Auch aufgrund dieser Erkenntnisse gehe er davon aus, dass das Baden in See und Flüssen keine Ansteckungsgefahr berge.

Leute schmeissen alles ins Klo

Während Covid-19 den Betrieb in der ARA Altenrhein unter Einhaltung der Schutzmassnahmen also nicht beeinträchtigt, so sind feuchte Toilettentüchlein und Wattestäbchen ein echtes Problem. Christoph Egli würde sich freuen, wenn weniger oder gar nichts davon in WCs landen würde.

Ausgezeichnet mit dem Label der Stiftung Natur & Wirtschaft

Das Areal des Abwasserverbands Altenrhein ist laut der Stiftung Natur & Wirtschaft ein gelungenes Beispiel dafür, wie die Natur auf einem Industrieareal integriert und gefördert werden kann. Auf über 13000 Quadratmetern, bestückt mit einheimischen Hecken, Bäumen, begrünten Dachflächen, Ast- und Steinhaufen, und einem Feuchtbiotop, finden Tier- und Pflanzenarten wertvollen Lebensraum. Aus diesem Grund wurde dem Abwasserverband Altenrhein bei der diesjährigen Rezertifizierung das Label der Stiftung Natur & Wirtschaft ohne Vorbehalte wieder verliehen. Erstmals hatte die ARA das Label 2001 erhalten. «Die Biodiversität liegt uns am Herzen. Auch deshalb, weil wir uns nahe am Naturschutzgebiet und an einer von Velofahrern und Fussgängern gern benutzten touristischen Route befinden», sagt Christoph Egli und freut sich über die Auszeichnung, die das Bekenntnis zur naturnahen Gestaltung des Unternehmens auch nach Aussen trage.

Es riecht wieder normal in Altenrhein

„Der Rheintaler“, 22.04.2020, von Gert Bruderer

Ein Problem des letzten Jahres ist gelöst: Der Gestank, unter dem Altenrhein wegen der Kläranlage oft litt, kam dank einiger Prozessanpassungen endlich nicht mehr vor. Auch als es wärmer wurde, sagt Christoph Egli, seien keine Reklamationen
mehr eingegangen.
Zum Geruchsproblem war es mit der Inbetriebnahme der Klärschlammpellettierung gekommen. Lange war unklar, woran
es lag, sogar eine Taskforce wurde eingesetzt. Auch Aggregatsausfälle und weitere Probleme in der Abluftbehandlung hätten eine Rolle gespielt, sagt Christoph Egli.
Für den Fall, dass es wider Erwarten doch wieder zu stinken anfangen sollte, bereitet der Abwasserverband präventiv mögliche Massnahmen vor. Dass eine Abwasserreinigungsanlage völlig immissionsfrei betrieben werden kann, ist indes nicht zu erwarten.

Fernwärme ab Herbst 2020

‚Der Rheintaler‘, 22.04.2020, von Gert Bruderer

Die grosse Baustelle in der Nähe der Abwasserreinigungsanlage (ARA) in Altenrhein verwundert viele. Sowohl der Chef des  Abwasserverbandes Altenrhein (AVA), Christoph Egli, als auch der Polier der beauftragten Baugesellschaft bestätigen, dass sich
immer wieder vorbeifahrende Velofahrer und Spaziergänger nach dem Grund für die Baustelle erkundigen. Neben der Strasse ist ein breites Trassee zu sehen, und viele dicke Rohre liegen bereit.
Einheimische dürften wissen: Im Januar hat die Gemeinde Thal (also auch das dazugehörende Altenrhein) über ein Fernwärme-Projekt abstimmen lassen. Die Gemeinde baut und betreibt das Fernwärmenetz, der Abwasserverband liefert die Energie – vor allem Abwärme
aus dem gereinigten Abwasser. Für das Projekt ist ein Kredit von gut 400 000 Franken genehmigt worden. Es ist geplant, das neue Fernwärmenetz im Herbst in Betrieb zu nehmen. Der beachtliche Durchmesser der bereit liegenden Rohre liegt übrigens darin begründet, dass sowohl die Hin- als auch die Rückleitung im gleichen Rohr erfolgt.

Bald Dünger aus Klärschlamm

‚Der Rheintaler‘, 22.04.2020, von Gert Bruderer Die Rückgewinnung des im Klärschlamm enthaltenen Phosphors wird ab dem Jahr 2026 gesetzlich vorgeschrieben sein. Der Abwasserverband Altenrhein (AVA) als überregionaler Klärschlammentsorger hat schon 2012 begonnen, sich mit diesem Thema zu beschäftigen. Ein erstes Projekt ist abgeschlossen, das zweite läuft. Sein Name Pyrophos ist aus den beiden Begriffen Pyrolyse […]

ARA Altenrhein gehört zu den modernsten Europas

St.Galler Tagblatt, 5. September 2019, von Christoph Zweili

Dank Ozon und Aktivkohlefilter arbeitet die Abwasserreinigungsanlage Altenrhein so sauber wie noch nie – so sauber, dass am Schluss des Kreislaufs sogar Felchen und Saiblinge gehalten werden.

Der Rheinspitz ist in Rufweite, die Landesgrenze zu Österreich nur einen Steinwurf entfernt: Zwischen dem Flugplatz Altenrhein und dem naturtrüben Fluss ist eine Kleinstadt mit Gebäuden, Türmen und Becken herangewachsen. Seit 1975 werden hier – im Niemandsland am Alten Rhein –, Grobstoffe, Sand und Öl aus dem Abwasser entfernt, setzen sich Fäkalstoffe ab, werden Kohlenstoff- und Stickstoffverbindungen abgebaut und Phosphate ausgefällt – und das Tag für Tag: Dank unentbehrlicher Kleinstmitarbeiter. Diese Bakterien, Pilze und Protozoen liefern sich unter der strudelnden Oberfläche einen Krimi – fressen und gefressen werden heisst das Prinzip.

Über 60’000 Einwohner in 17 Verbandsgemeinden zwischen Goldach und St.Margrethen führen ihr Abwasser der ARA Altenrhein zu – erst seit kurzem dabei sind die Vorderländer Gemeinden Rehetobel und Speicher; im Oktober kommt Trogen dazu. Die Kläranlage ist auf 120’000 Einwohner ausgelegt, angeliefert wird heute «Fracht» von rund 100’000 – ein guter Teil davon von der nahen Industrie.

Dem Bild einer normalen Kläranlage entspricht die ARA Altenrhein längst nicht mehr. Was hier auf drei Hektaren Fläche geschieht, sprengt die Dimensionen der 1950er-Jahre als auch der Bodensee stark durch Siedlungs-, Gewerbe- und Industrieabwasser verschmutzt war. Heute werden in Altenrhein auch Speiseabfälle von Grossverteilern, etwa der Migros, vergärt und verstromt. «Damit haben wir die Stromproduktion seit 2012 verdoppelt», sagt ARA-Geschäftsführer Christoph Egli. «Jährlich 6,5 Millionen Kilowattstunden Strom erzeugen wir heute. Mit einer weiteren Million wären wir über den gesamten Betrieb rechnerisch energieautark, also nicht mehr auf Fremdenergie angewiesen. Nur auf die Abwasserreinigung bezogen produzieren wir doppelt so viel wie nötig.»

Kompetenzzentrum für Klärschlammbehandlung

In der Anlage wird keine Kilowattstunde Energie vergeudet: Was übrig bleibt, wird in die Schlammtrocknung gesteckt. Darauf hat sich Altenrhein seit mehr als 20 Jahren spezialisiert. Flüssiger Klärschlamm wurde früher direkt in der Landschaft verwertet: Bauern nutzten ihn zur Düngung ihrer Kulturen. Das ist seit 2006 allerdings verboten, der typische Geruch von den Feldern verschwunden. Heute wird von rund 350’000 Personen in der Ostschweiz produzierter Klärschlamm in Altenrhein zwischengestapelt, getrocknet und anschliessend als Granulat in der Zementindustrie entsorgt. In naher Zukunft wird daraus Stickstoff- und Phosphordünger hergestellt.

Trotz dieses guten Ausbaustandards genügt die Anlage nun nicht mehr: Pestizide, Medikamente, Biozide und Antibiotika – sogenannte Mikroverunreinigungen und Spurenstoffe – sind zum Problem geworden: Für den Menschen und für Kleinstlebewesen. Diese Mikroverunreinigungen gelangen über diffuse Quellen, zum Beispiel aus der Landwirtschaft und dem Verkehr, in die Gewässer.

Auch die ARA Altenrhein hat für rund 18 Millionen Franken aufgerüstet und erfüllt damit als erste Anlage im Kanton St.Gallen die Vorschriften des Bundes. Noch ist die zusätzliche Reinigungsstufe, welche die Spurenstoff-Partikel dank Ozon und granulierter Aktivkohle zuerst aufspaltet und dann absorbiert und abscheidet, im letzten Testbetrieb. «Wir haben auf einer Pilotanlage zweieinhalb Jahre lang getüftelt, bis wir die beste Kohle fanden und dem Geheimnis der Dosierung näherkamen», sagt Egli. Stolz fügt er an: «Das kombinierte Verfahren mit Ozon und granulierter Aktivkohle ist der Rolls Royce für Abwasseranlagen – das Beste, was die Technik derzeit bietet, mit einem guten Kosten-Nutzen-Verhältnis.» Es ist die erste Anlage dieser Art in Europa und eine der wenigen weltweit. «Es haben sich bereits Ingenieure, Wissenschafter, Politiker und Anlagenbetreiber aus Schweden für eine Besichtigung angemeldet.»

Wer würde Abwasserfelchen essen?

Geschäftsführer Egli hat sich etwas Besonderes einfallen lassen, um die Innovationskraft der ARA Altenrhein auch für den Laien unter Beweis zu stellen: Er hält unter Aufsicht der Zürcher Fachhochschule für Angewandte Wissenschaften ZHAW in Wädenswil sowie einer Tierärztin Felchen und Saiblinge in Fischbehältern, die mit gereinigtem Abwasser gefüllt sind. Damit wird die Güte der 4. Reinigungsstufe demonstriert. Amtliche Tests haben gezeigt: Die Tiere sind kerngesund, lebensmittelkonform und munden. «Wir streben vorerst keine Produktion in grossem Stil an, aber zwei bis drei Tonnen Fisch pro Jahr werden es schon sein.»

Elf Anlagen werden aufgerüstet

Aufgrund des neuen Gewässerschutzgesetzes von 2016 müssen schweizweit rund 120 der heute 700 bis 800 Kläranlagen an besonders belasteten Gewässern eine 4. Reinigungsstufe zum Abbau von Spurenstoffen erstellen. Finanziert wird der Ausbau über einen Bundesfonds, in den alle kommunalen Kläranlagen neun Franken pro angeschlossenen Einwohner und Jahr einzahlen. Die Abgabe, mit der 75 Prozent der Erstinvestitionen der zusätzlichen Reinigungsstufe von total 1,2 Milliarden Franken gedeckt werden, ist bis 2040 begrenzt. Die restlichen 25 Prozent werden durch die entsprechenden Abwasserverbände oder Gemeinden finanziert.

Mit der gesetzlichen Verankerung der 4. Reinigungsstufe nimmt die Schweiz international eine Pionierrolle im Gewässerschutz ein. Im Kanton St.Gallen sind elf Anlagen bezeichnet worden, die für die 4. Reinigungsstufe aufgerüstet werden müssen – die ARA Thal-Altenrhein ist die erste, die nun in Betrieb geht. Es folgen die ARA Steinach-Morgental (voraussichtlich 2021) und die ARA Flawil-Oberglatt (2022). «Wenn die elf ARA ausgebaut sind, sind rund 64 Prozent der Einwohnerinnen und Einwohner im Kanton an eine Anlage mit 4. Reinigungsstufe angeschlossen. Im Einzugsgebiet des Bodensees, wo die grossen Anlagen stehen, sind es 82 Prozent», sagt Christoph Baumann, Leiter der Abteilung Abwasser, beim Kanton St.Gallen. «Ein 100-prozentiger Ausbau wäre finanziell unrealistisch.» Die aufgerüsteten Anlagen filtern einen Grossteil problematischer Spurenstoffe aus dem Abwasser. Vorgeschrieben ist ein Effekt von 80 Prozent in Bezug auf das Verhältnis Rohwasser zum Kläranlagenausfluss. «Sorgen bereiten uns gewisse Röntgen-Kontrastmittel. Da erreichen wir die 80 Prozent nicht», sagt Baumann.

ARA Altenrhein bemerkte den Hitzesommer

St.Galler Tagblatt, 23.04.2019, von Marco Cappellari

Die Bilanz der ARA Altenrhein, die Abwasser von 17 Gemeinden klärt, zeigt: Im vergangenes Jahr hatte sie weniger Schmutzwasser zu reinigen. Im Herbst führt die Anlage eine neue Reinigungsstufe gegen Mikropartikel ein.

Aus den Augen, aus dem Sinn: Wer das WC spült, denkt selten daran, wohin das «Spülgut» verschwindet. In der Region landet das Abwasser vieler Haushalte in der Kläranlage des Abwasserverbands Altenrhein (AVA), zu dem bald 17 Gemeinden gehören. In Altenrhein wird das Abwasser von rund 77000 «Einwohnergleichwerten» gereinigt, die sich in 57000 natürliche Einwohner sowie 20000 Kunden aus Gewerbe und Industrie aufteilen. Zahlen, die im Vergleich zum Vorjahr stabil sind. Im Gegensatz dazu hat die Menge an gereinigtem Schmutzwasser von 9,1 Millionen auf 8 Millionen Kubikmeter abgenommen. Der Grund sei die überdurchschnittlich trockene zweite Jahreshälfte 2018, wie der AVA im Geschäftsbericht schreibt.

Ungeachtet dessen steht der Verband finanziell gut da, die Eigenfinanzierung beträgt rund 80 Prozent. Die Rechnung 2018 schliesst mit einem Gewinn von 123000 Franken bei einem Ertrag von rund 14 Millionen Franken. Bei der Kläranlage nahm der Sachaufwand gegenüber 2017 um insgesamt 505000 Franken ab. Gründe seien geringere Unterhaltsaufwendungen, weniger Dienstleistungseinsätze Dritter sowie ein geringerer Aufwand für Chemikalien.

Hohe Investitionen getätigt

An der Hauptversammlung Ende März genehmigten die Delegierten einen Kredit für Sanierung und Erweiterung der Stapel- und Mischbehälter von 7,185 Millionen Franken sowie 3,26 Millionen Franken für den Anschluss der Abwasserreinigungsanlage der Gemeinden Trogen und Wald AR. Der entsprechende Leitungsausbau soll noch in diesem Frühjahr beginnen. Ab 2020, ein Jahr früher als ursprünglich geplant, wird das Wasser der beiden Gemeinden in Altenrhein gereinigt, womit der AVA auf 17 Verbandsgemeinden anwächst. Speicher leitet sein Abwasser bereits seit vergangenem Herbst nach Altenrhein, nachdem am 17. September die ARA Speicher planmässig ausser Betrieb genommen wurde.

Test mit Fischen

Seit zwei Jahren befindet sich eine vierte Reinigungsstufe der Kläranlage im Bau. Diese soll künftig Mikroverunreinigungen aus dem gereinigten Abwasser filtern. Eingeweiht wird die neue Reinigungsstufe am 5. September dieses Jahres.

Übrigens: Um die Reinigungsqualität zu überprüfen, hat der AVA über zwei Jahre eine Hälterung mit zwei Fischarten durchgeführt. Die Resultate seien positiv, wie es im Geschäftsbericht heisst: Gesunde Fische, nachgewiesene Lebensmittelkonformität, und geschmeckt haben sie auch.

Abwasserverbände erhalten Auszeichnung

St.Galler Tagblatt, 3.10.2018, von Fritz Bichsel

Alle Abwasserverbände der Region erhalten die Energieauszeichnung Medaille d’eau. Sie sind unter den 23 Ausgezeichneten von 750 Anlagen in der Schweiz. Trotz hoher Investitionen arbeiten sie günstig.

Die Abwasserreinigungsanlage auch als Kraftwerk: Das ist bei uns verwirklicht, in der Anlage Morgental in Steinach für die Region Arbon und den westlichen Teil der Region Rorschach wie auch in der Anlage Altenrhein für den östlichen Teil der Region Rorschach und Appenzeller Gemeinden. Sie nutzen Energie im Abwasser überdurchschnittlich zur Produktion von Gas, Strom und Wärme. Zudem verbrauchen sie weniger Energie als viele andere ARA. Das bestätigt die Medaille d’eau vom Verein InfraWatt und vom Verband der Schweizer Abwasser- und Gewässerschutzfachleute (VSA). Unsere Gegend gehört in diesem Bereich zu den Führenden im Land. Wie die Anlagen Morgental und Altenrhein erreichten auch die angrenzenden in Au und Altstätten für Rheintaler und Appenzeller Gemeinden die Medaille d’eau.

InfraWatt und VSA vergeben diese im Abstand von fünf Jahren. Zum dritten Mal in Serie zeichneten sie den Abwasserverband Altenrhein aus. Sein Geschäftsführer Christoph Egli freut sich auch über noch bessere Resultate: «Von guter Einhaltung der Standardwerte haben wir uns dank konsequenter Optimierung verbessert zu den Idealwerten.»

Effiziente Anlage senkt Energieverbrauch
ARA gehören zu den grössten Energieverbrauchern. Die ARA Altenrhein produziert inzwischen mehr Energie, als sie selber benötigt. 2017 kam sie auf 180 Prozent, 2018 erreicht sie bisher gut 200 Prozent. Dazu trägt bei, dass sie ihren Verbrauch mit effizienteren Anlagen senkte – um einen Drittel seit sechs Jahren. Die ARA Morgental erzielte 2017 sogar 246 Prozent ihres Eigenverbrauchs. Hier trägt bei, dass sie das für die letzte Reinigungsstufe von der Anlage Hofen für St. Gallen-Wittenbach nach Steinach hinunter geleitete Abwasser in einem Kraftwerk nutzt.

Für die Medaille d’eau zählen nicht allein sparsamer Verbrauch und hohe Produktion von Energie. Auch die Reinigungsleistung muss stimmen. Mit der Auszeichnung bescheinigen die Schweizer Fachleute auch hohe Qualität der Wasserreinigung. Die ARA Morgental und Altenrhein sind auch unter den ersten, welche die gesetzliche Pflicht zur Elimination von Mikroverunreinigungen aus dem Abwasser erfüllen, mit Millioneninvestitionen.

Hohe Qualität ist hier nicht teuer
Welchen Preis hat ihr vorbildliches Wirken? Es gilt auch hier, dass Gutes nicht teuer sein muss. Vergleiche des VSA zeigen: Diese beiden Abwasserverbände arbeiten bei der Reinigung im günstigen Bereich und betreiben die ganzen Anlagen effizient und haushälterisch. Bei der Energie könnten sie mit dem durch Atomstrom geprägten Marktpreis nicht mithalten. Dank Beiträgen für Alternativenergie von Bund und Kantonen sind die Investitionen aber kostendeckend möglich.

Dasselbe gilt für weitere ökologische Leistungen. In der ARA Altenrhein wurde zum Beispiel dank neuer Anlagen für Schlamm der Ausstoss von klimaschädigendem Methan gesenkt. Auch das wird abgegolten. Kostendeckenden Betrieb dank Beiträgen erwartet Geschäftsführer Egli auch bei der Rückgewinnung von Rohstoffen. Nach Energie und zusätzlicher Reinigung wird das nun der Schwerpunkt der Investitionen. Für die Rückgewinnung von Stickstoff als Dünger, womit gleichzeitig weniger schädliche Gase in die Atmosphäre gelangen, kommt das Projekt nach Plan voran.

Etwas länger als angestrebt dauert es bis zur Rückgewinnung von Phosphor. Hier will der Verband Altenrhein ein neues Verfahren in einer Anlage in Italien testen. Das bringt ein langes Prozedere für die Einfuhr von Abwasser mit sich.

100 Millionen für sauberes Abwasser

St.Galler Tagblatt, 28.09.2018
von Fritz Bichsel

Der Abwasserverband Altenrhein umfasst mittlerweile 17 Gemeinden. Sein Geldbedarf wird nach Grossprojekten wieder sinken. Für diese gibt er einen grossen Bazen aus.

Den Verband AVA bilden die 15 Gemeinden von St. Margrethen bis Goldach und Eggersriet sowie von Walzenhausen bis Speicher. Ihre Delegierten genehmigten das Budget 2019 mit Investitionen für 24,6 Mio. Franken (nach 10,5 Mio. 2017 und 17,3 Mio. 2018).

Sie enthalten zwei Grossprojekte. Im Bau ist die Reinigungsstufe zur Elimination von Mikroverunreinigungen für gut 21 Mio. Geschäftsführer Christoph Egli informierte, dass sie nach Plan entsteht. So kann der AVA als einer der Pioniere diese Stufe bis Herbst 2019 fertigstellen. Damit wird ab 2020 die EMV-Abgabe von jährlich neun Franken je Einwohner an den Bund wegfallen.

Bis zur Vergabe der Aufträge vorbereitet ist die Sanierung der 40-jährigen Bauten und die Erneuerung von Einrichtungen für das Stapeln und Mischen von Klärschlamm. Die Delegierten bewilligten dafür 7,6 Mio. Franken. Diese Kosten decken Erträge aus der Schlammbehandlung für die ganze Ostschweiz in der ARA Altenrhein.

Bis 2032 fast 120 Millionen Franken investieren
Die hohen Investitionen bewirken höhere Abschreibungen. Trotzdem und ohne Erhöhung des Preises, den er den Gemeinden je Einwohner oder Einwohnergleichwert in Betrieben verrechnet, budgetiert der Verband auch für 2019 Gewinn zur Einlage in die Reserve: noch knapp eine Million Franken (in den Vorjahren je 1,9 Mio.). Gemäss dem aktualisierten Plan will der Verband in 15 Jahren (seit Ende 2017 und bis 2032) fast 120 Mio. Franken investieren. Nachdem er alle Schulden getilgt hatte, muss er dafür wieder Fremdgeld beanspruchen – gemäss heutiger Berechnung vorübergehend bis gegen 90 Mio. Franken. Trotzdem werden die Ableitung und die Reinigung des Abwassers für die Lieferanten nicht teurer. Nach Auskunft von Geschäftsführer Egli soll der Preis von jährlich 116 Franken je Einwohner und Einwohnergleichwert «in dieser Zeit mindestens nicht steigen».

Nebst noch besserer Wasserreinigung war in den vergangenen Jahren die Rückgewinnung von Energie aus Abwasser und sparsamer Energieverbrauch im Betrieb der Schwerpunkt. Damit erzielt der AVA Erfolge, wie die Medaille d’eau zeigt. Diese verliehen ihm der Verein Infrawatt und Schweizer Abwasserfachleute jetzt zum dritten Mal in Serie. Nun verlagert sich der Schwerpunkt bei Investitionen zur Rückgewinnung von Rohstoffen wie Phosphor oder Stickstoff.

Zwei Gemeinden neu dabei, zwei weitere folgen
Der Anschluss von Rehetobel und Speicher an die Abwasserreinigungsanlage in Altenrhein ist fertig. Seit knapp zwei Wochen fliesst auch das Wasser aus Speicher dorthin. Die Delegierten genehmigten den letzten Kredit für Investitionen des Verbandes, die von diesen Gemeinden und ihren Subventionsgebern bezahlt werden. Nun betreibt, unterhält und finanziert der Verband die Anlagen. Weiter kommen Trogen und Wald hinzu. Sie geben dafür ihre eigene Kläranlage auf. Ihre Stimmbürger haben den Beitritt zum Verband AVA und die Delegierten der Verbandsgemeinden der Aufnahme zugestimmt. Die Verbindung wird bis Herbst 2020 gebaut. Damit wird das ganze Goldachtal an die ARA Altenrhein angeschlossen sein.

Der Anschluss von Speicher ist erfolgt

Appenzeller Zeitung, Astrid Zysset, 19.9.2018

Die Kläranlage in Speicher wird still gelegt. Das Abwasser fliesst nun in die ARA Altenrhein. Sechs Jahre dauerten die Vorbereitungen. Das Projekt wird teurer als erwartet.

Heute wird die Abwasserreinigungsanlage (ARA) Speicher still gelegt und der Anschluss an die ARA in Altenrhein erfolgt. Einen entsprechenden Kredit über 2,6 Millionen Franken für die Investitionen hiess die Stimmbürgerschaft 2012 gut. Rehetobel hat die Vorreiterrolle übernommen und ihr Klärwerk bereits 2017 ausser Betrieb genommen, voraussichtlich wird 2020 noch Trogen/Wald folgen. Dann werden alle drei ihr Abwasser zur ARA Altenrhein ableiten, welche aufgrund der Dimensionierung und vorhandenen Kapazitätsreserven die zusätzlichen Abwassermengen ohne bauliche Anpassungen bewältigen kann. Doch für den Anschluss der drei ARA aus dem Appenzellerland mussten in den vergangenen sechs Jahren viele bauliche Massnahmen getroffen werden: Insgesamt 5,3 Kilometer zusätzliche Leitungen wurden verlegt. Diese docken im Gebiet Oberebni in Eggersriet an das bestehende Leitungsnetz des Abwasserverbandes Altenrhein (AVA) an. Zusätzlich wurden die Kläranlagen in Rehetobel und Speicher umgebaut.

Kläranlage nur noch als Zwischenspeicherung
In Speicher sind die Veränderungen augenscheinlich: Die Becken, in welchen zuvor das Wasser gereinigt wurde, wurden umgebaut und dienen nun zur Zwischenspeicherung. Alle ein bis sechs Stunden (je nach Niederschlagsmenge) fliesst das Abwasser chargenweise in die Leitungen bis nach Altenrhein. Was in Speicher zudem zu finden ist, ist ein Mazerator, der grosse Überbleibsel im Abwasser verkleinert und so sicherstellt, dass die Leitungen nicht verstopfen. «Es ist alles technisch sehr anspruchsvoll», resümiert Frank Lükewille, Leiter Siedlungsentwässerung beim AVA. Den reibungslosen Ablauf stellt ein 24-stündiger Pikettdienst sicher. Dieser befindet sich jedoch in Altenrhein. In Speicher wird die Stelle des Klärmeisters hinfällig. Und was mit den Gebäuden, die nicht mehr benötigt werden, geschehen soll, darüber ist sich die Gemeinde im Unklaren. «Vielleicht entsteht dort eine Kombination zwischen einer Entsorgungs- und einer Sammelstelle», mutmasst Gemeinderat Fredy Zünd.

Ohne Pumpwerke bis nach Altenrhein
Insgesamt investieren die Gemeinden 9,6 Millionen Franken an den Anschluss an die ARA Altenrhein. Neben den Leitungen und dem Umbau der Kläranlagen floss das Geld auch in den Bau von sogenannten Dükern, damit auf Pumpwerke verzichtet werden konnte. Weiter mussten punktuell die Durchmesser der bestehenden Rohrleitungen angepasst respektive Kalibervergrösserungen vorgenommen werden. Dies vor allem in Untereggen. «Die zusätzlichen Wassermassen hätten die bestehenden Leitungen ansonsten nicht aufnehmen können», so Lükewille weiter. Aus Rehetobel werden nämlich durchschnittlich 35 Liter pro Sekunde Abwasser erwartet, aus Speicher 40 und aus Wald/Trogen gar deren 50 Liter pro Sekunde. Ein Wermutstropfen findet sich im Projekt dennoch: So liegen die Investitionskosten aufgrund von technischen Schwierigkeiten und Projektanpassungen massiv höher, als ursprünglich gedacht. «Wir sind definitiv über den 2,6 Millionen, aber die genauen Zahlen erwarten wir erst gegen Ende Jahr», so Zünd. Dennoch sei der Anschluss an den AVA auf lange Sicht immer noch die günstigere Alternative für Speicher gewesen, als die 1973 erbaute Kläranlage zu sanieren. Nicht der einzige Vorteil, wie AVA-Geschäftsführer Christoph Egli findet: Auch in Sachen Energieverbrauch und bezüglich der zusätzlichen Reinigungsstufe für hormonaktive Stoffe – in der ARA Altenrhein wird diese im Mai in Betrieb genommen – habe sich der Schritt gelohnt. Zudem werde die Goldach, in welcher zuvor das gereinigte Abwasser abgeleitet wurde, entlastet.