Altenrhein bald ’sauberste‘ ARA

Zu Besuch in der Unterwelt

St.Galler Tagblatt – 12.09.2017 – von Christina Vaccaro

Das unterirdische Verkehrsnetz der regionalen «Abwasserstrassen» ist 332 Kilometer lang. Es transportiert Schmutzwasser von 80 000 Menschen über ein Kanalsystem bis in die Kläranlage nach Altenrhein. Ein tiefer Einblick in eine unbeachtete Welt.

Es geht hinab, Stufe um Stufe. 18 Meter tief ist der Wirbelfallschacht am Rorschacherberg. 18 Meter, die der Anbindung an die tiefer gelegene «Abwasserstrasse» dienen. Frank Lükewille, Leiter der Siedlungsentwässerung vom Abwasserverband Altenrhein, erklärt: «Der bodennahe Abwasserzulauf fliesst tangential, das heisst entlang der Schachtwände, in den Wirbelfallschacht hinein. Es entsteht ein Wirbel in dieser «Drallkammer», mit dem Effekt, dass das Wasser Energie verliert und am Ende kontrolliert in einen tiefer liegenden Kanal fliesst.»

So viel zur Theorie. In der Praxis gilt es, gut 50 Leiterstufen in einer engen Röhre hinabzusteigen. Das Herz kann demjenigen, der das zum ersten Mal macht, da schon ein wenig klopfen. Unten angekommen entdeckt man eine andere Welt. Die Wände sind feucht, es ist angenehm kühl. Nur die Nase ist über den dezenten Duft von Schmutzwasser nicht recht glücklich.

332 Kilometer umfasst das Kanalnetz von Untereggen bis St. Margrethen. Schmutzwasser von rund 80 000 Menschen muss in die Kläranlage nach Altenrhein transportiert werden. Die wenigsten Kanalrohre sind begehbar, meist sind sie zwischen 25 und 60 Zentimeter im Durchmesser. Doch es gibt auch Sonderbauwerke, wie Regenbecken, die mehr Volumen fassen.

Der Wirbelfallschacht am Rorschacherberg ist schweizweit eine Besonderheit. Dort wird das Abwasser gesammelt und in die Tiefe geschickt, um dann in einem 4,6 Kilometer langen Stollen, dem Fuchslochstollen, bis in die Gemeinde Thal zu gelangen.

Würde das Wasser geradewegs 18 Meter in die Tiefe stürzen, käme es laut Bauingenieur Lükewille zu technischen Problemen: «Bei so einer Fall­höhe wären hydraulische Turbulenzen die Folge, die man in dieser Tiefe nur schwierig im Griff hätte. Ausserdem gäbe es Geräusch- und Luftemissionen. Aus dem Schacht könnte ein Aerosolgemisch austreten, das geruchlich unangenehm ist und auch einmal zu Durchfall führen kann.» Deshalb habe man knapp zwei Millionen Franken in die Hand genommen, um das Bauwerk mit dem Wirbeleffekt zu errichten. «Das Ganze hat den Vorteil, dass wir das Wasser energielos und überwiegend geräuschlos in die Tiefe bringen können», führt Lükewille aus. Besagtes Aerosolgemisch, also eine Vermengung von flüssigen Schwebekörperchen mit der Umgebungsluft, ist der Grund, weshalb sich alle Beteiligten hier unten die Schutzmaske über Nase und Mund ziehen, bevor die Schleusen geöffnet werden.

Wasser marsch!

Es fliesst, und zwar gewaltig. Der Gedanke kommt auf, man befinde sich vor einem riesigen Wasserfall in freier Natur. Die Geräuschkulisse ist jedenfalls authentisch. Die letzten zwei Meter darf das Abwasser als kleiner Wasserfall frei herabfallen. Zwischen uns fliesst es in einer Rinne entlang in die Hauptkanalisation zum Stollen. Im trüben Schmutzwasser ist vor allem Toilettenpapier erkennbar. Hin und wieder schwimmt auch ein Exkrement vorbei. Der gesamte Kläranlagenzulauf bei Trockenwetter beträgt im Durchschnitt 210 Liter pro ­Sekunde. «Bei Regen kann sich die Abwassermenge um den Faktor 50 ver­vielfachen», erklärt Lükewille.

Lükewille gibt seinem Kollegen das Signal, das Wasser abzustellen. Der Wasserfall wird schmaler, der schmale Wasservorhang um die Schachtöffnung bleibt auch nach fünf Minuten noch bestehen. Es hilft nichts – die Autorin möchte ein Foto durch den Schacht nach oben machen. Der 48-jährige Ingenieur tastet sich vorsichtig mit den hüfthohen Gummistiefeln in die kleine «Tostasse» hinab. Der Boden wirkt zwar sauber, ein rutschiger Biofilm, wie man ihn auf Steinen in Bächen kennt, ist aber vorhanden. Es werden Hände gereicht, Spiegelreflex samt Fotografin gelangen ins Zentrum. Letztere darf nach oben knipsen.

Normalerweise führt das Team rund um Lükewille keine Journalisten herum, sondern kümmert sich um die Instandhaltung des Kanalnetzes. Jeder Kanal in der Schmutzwasserkanalisation wird alle drei Jahre gespült und im Rhythmus von 15 Jahren mittels Kanalfernsehen begutachtet. Kanalfernsehen bedeutet, dass ein kleiner Roboter mit Kugelkopfkamera durch die Rohre fährt und filmt.

Feuchttücher gehören nicht ins WC!

Trotz der professionellen Instandhaltung des Kanalnetzes wird der Abwasserverband Altenrhein auch mit Störungen konfrontiert. «Insbesondere in den Pumpwerken haben wir wiederholt Störfälle», sagt Lükewille. «Es landen immer wieder Sachen im Kanalnetz, die dort nichts zu suchen haben.» So wurden bereits Schilder, T-Shirts, Handtücher, Pistolen und Baumaterialien gefunden. Diese Gegenstände werden nicht ordnungsgemäss bis zur Kläranlage transportiert und verstopfen Kanäle oder schlimmstenfalls Pumpwerke.

«Eines der grössten Probleme, die wir derzeit haben, sind Feuchttücher. Die Industrie produziert immer reissfestere Feuchttücher, die fälschlicherweise im WC entsorgt werden und im Kanalnetz schnell Pumpwerke verstopfen. Schlimmstenfalls kommt es zu einem Rückstau in die Liegenschaften zurück oder über eine Notentlastung direkt ins Gewässer. «Feuchttücher gehören nicht in die Toilette!», appelliert Lükewille an alle Anwohner.

Es geht die lange Leiter wieder hinauf, dem Tageslicht entgegen. Ein Abenteuer war das schon. So wundert es nicht, wenn Lükewille sagt: «Die Einsätze im Kanalnetz gefallen mir sehr. Ich könnte nicht jeden Tag acht Stunden lang im Büro sitzen.»

Feiern und staunen beim Abwasser

Wie die ARA Altenrhein 50 Jahre nach der Gründung des Verbandes das Abwasser aus 15 Gemeinden reinigt, sehen Einwohner und Partner am Tag der offenen Tür. Der Anlass findet grosses Interesse.
01. Mai 2017, von Fritz Bichsel

Die ARA öffnet ihre Türen, und sofort strömen Scharen herein – von jungen Familien mit Kindern bis zu Senioren. Nach dem Rundgang drücken Besucher Staunen aus. Zuerst über das Ausmass. Auch wenn viele auf dem Weg am Alten Rhein schon vorbeikamen: So gross und vielgestaltig hatten sie sich die ARA nicht vorgestellt. Dasselbe gilt für die vielen Schritte von mechanischer über biologische bis zu chemischer Reinigung des Abwassers in jeweils mehrstufigen oder unterschiedlichen Verfahren. Und was dabei alles verwertet wird, von Gas über zurückgewonnene Rohstoffe bis zum getrockneten Schlamm als Brennstoff. Staunen kann man auch, wie die Mitarbeiter den Rundgang anlegten: Die Besucherscharen kommen sicher an mechanischen Ungetümen und riesigen Becken vorbei, auf Türme oder durchs Leitungslabyrinth und doch so nah, dass sie den ganzen Ablauf sehen.

Der Verband wirkt für 15 St. Galler und Appenzeller Gemeinden am und über dem See und dem Alten Rhein sowie an der Goldach, mit 60000 Einwohnern und vielen Unternehmen, betreibt auch ein 300 Kilometer langes Kanalnetz mit Hunderten von Bauten. Er beschäftigt dafür nur 20 Leute und arbeitet mit vielen Partnern zusammen. So füllt sich das Festzelt bereits für die Jubiläumsfeier, durch die Verwaltungsrat Beat Hirs führt. Rück- und Ausblick durch den heutigen Verbandspräsidenten Robert Raths und seinen Vorgänger Werner Meier sowie die Vorstellung des Buchs zu Entstehung und Entwicklung des Verbandes durch Autor Urs Keller zeigen: In unserer Region vollzog sich ein Wandel von massiver Gewässerverschmutzung zu vorbildlicher Abwasserreinigung. Unter Leitung seiner bisher nur zwei Geschäftsführer – 40 Jahre lang der Goldacher Urs Keller, seit 10 Jahren der Horner Christoph Egli – war der Abwasserverband Altenrhein dabei immer wieder ein Pionier für neue Verfahren und in der Forschung. Aktuell gilt das für Aufbau einer vierten Reinigungsstufe zur Elimination von Mikrovereinigungen, Rückgewinnung von Phosphor und Weiteres bis hin zum Versuch mit einer Fischfarm.

Die Kläranlage wird fünfzig

St.Galler Tagblatt, 7. April 2017

ALTENRHEIN ⋅ Mit dem Baustart der vierten Reinigungsstufe wurde eine wichtige Weiche für den inzwischen 50-jährigen Abwasserverband Altenrhein gestellt – das haben die Vertreter an der Delegiertenversammlung erfahren.

Präsident Robert Raths und Geschäftsführer Christoph Egli orientierten an der Delegiertenversammlung des Abwasserverbands Altenrhein (AVA) über den Geschäftsgang. Erstmals begrüsst wurden die Vertreter der Gemeinde Rehetobel. Seit November ist deren Klärwerk ausser Betrieb und das Abwasser wird via Eggersriet und Untereggen nach Altenrhein abgeleitet. Nach dem Anschluss der Gemeinde Speicher wird der Verband ab Ende 2017 15 Gemeinden umfassen und das Abwasser von rund 60000 Einwohnern wird mit modernster Technik behandelt.

Investition von 9,7 Millionen zu Lasten des Verbands

Mit dem Bau der zusätzlichen Ausbaustufe zur Elimination von Mikroverunreinigungen und Spurenstoffen wurde im Oktober gestartet. Das Fundament, das von 176 Pfählen gestützt wird, ist erstellt. Das Kombi-Verfahren, bestehend aus einer Ozonierung und einer nachgeschalteten Filtration mit granulierter Aktivkohle (GAK), wird Mikroverunreinigungen aufspalten und zurückhalten. Diese vom Bund vorgegebene Investition schlägt mit Brutto-Investitionskosten von 21,8 Millionen Franken zu Buche. Nach Abzug der Bundesbeiträge verbleiben zu Lasten des Verbands 9,7 Millionen an zu tilgenden Nettoinvestitionen. Der Gesamtstromverbrauch 2016 lag bei 8321 MWh. Davon wurden 5366 MWh selbst produziert. Zwecks Redundanzabsicherung und zur Erhöhung der Betriebssicherheit wurde die Beschaffung eines weiteren Blockheizkraftwerks in die Wege geleitet, das mit einer elektrischen Motorenleistung von 800 kW und einem Wirkungsgrad von über 41 Prozent parallel zum baugleichen Blockheizkraftwerk mit Baujahr 2014 betrieben wird. Die verbandseigenen Energieanlagen wurden auf die Möglichkeiten eines Regelpools geprüft. Durch das gezielte «Abwerfen» der AVA-Aggregate in Abhängigkeit vom Bedarf im übergeordneten Stromnetz kann ein Beitrag zur Stabilisierung des Stromnetzes erreicht werden. Dem AVA wurde hierfür der Infra-Watt-Innovationspreis 2016 überreicht. Die Rechnung 2016 schliesst ausgeglichen ab. Die erstmals durch den Bund eingeforderte Abwasserabgabe von neun Franken pro Einwohner belastete die Rechnung mit knapp einer halben Million Franken. Trotzdem wurden die Gebühren nicht erhöht.

Offene Türen am 50. Geburtstag

1967 wurde der Grundstein zum Bau der ARA Altenrhein gelegt. Das 50-jährige Bestehen wird mit der Bevölkerung gefeiert. Die Betriebstore werden geöffnet: Am Samstag, 29. April, zwischen 11 und 17 Uhr führt ein Rundgang durch die ARA. Eine Festwirtschaft wird betrieben.

Grossbau für sauberes Wasser

Fritz Bichsel, Ostschweizer Tagblatt, 30.01.2017

MIKROREINIGUNG ⋅ Bei der ARA Altenrhein läuft der Bau der zusätzlichen Stufe an. Sie wird das Abwasser auch von Mikropartikeln befreien. Bis Mitte 2018 investiert der Verband von 15 Gemeinden dafür 22 Millionen Franken.

Die Kälte legte etliche Baustellen lahm. Östlich der regionalen Abwasserreinigungsanlage am Alten Rhein kann hingegen nach dem Einrammen von Spundwänden auch bei diesem Wetter Erdreich ausgehoben werden. In den nächsten Tagen soll die Grube die projektierte Grösse erreichen. Das ist dem Abwasserverband Altenrhein (AVA) für das Gebiet von Untereggen und Goldach bis St. Margrethen und Speicher bis Walzenhausen wichtig. Denn er hat für den Bau der Grossanlage zur Elimination von Mikroverunreinigungen (EMV) aus dem Abwasser einen engen Terminplan.

Nach Auskunft von Geschäftsführer Christoph Egli soll der 22 mal 18 Meter grosse Neubau Ende dieses Jahres fertig sein. Dann kann bis zum Sommer 2018 die Technik eingebaut und im Freien ein Sauerstofftank errichtet werden. So wird die ARA Altenrhein als erste im Kanton St. Gallen und eine der ersten in der Schweiz die Vorschriften des Bundes für die EMV erfüllen. Damit bekommt der Verband rasch Geld vom Bund und wird befreit von der Abgabe von jährlich neun Franken je Einwohner oder Einwohnergleichwert bei Betrieben. Aus dieser finanziert der Bund Beiträge an Anlagen für die Mikroreinigung. Diese schreibt er Reinigungsanlagen für viele Einwohner oder nahe an einem See vor. Das verhindert, dass Rückstände von Chemikalien, Medikamenten oder Schwermetallen ins Trinkwasser gelangen.

In der Schweiz ein Pionierprojekt

Für den Vollzug sind die Kantone zuständig. St. Gallen unterstellte vorerst acht Anlagen, unter ihnen die ARA Altenrhein, der Pflicht zur EMV. Der Verband Altenrhein plante die Anlage über drei Jahre in Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Umwelt und dem kantonalen Amt für Umwelt und Energie. Aufgrund der Zusammensetzung des Abwassers entschied er sich für ein Verfahren, das nun in der Schweiz erstmals angewendet wird: In Ozonreaktoren mit Sauerstoff behandeln und über granulierte Aktivkohle filtern. Das ist beim Bau teuer, dafür im Betrieb und für Ausbauten sicherer und günstiger. Die Delegierten der Gemeinden bewilligten fast 22 Mio. Franken. Das Detailprojekt der Ingenieurgemeinschaft Holinger und Kuster + Hager bestand die Prüfung durch Bund und Kanton. Zum Bau, zur Umzonung auf dem ARA-Areal, zur Rodung von Bäumen und Gebüsch auf gegen 500 Quadratmetern und zur Pflanzung von Ersatz an anderer Stelle gab es keine Einsprachen. Der Verwaltungsrat unter Leitung von Robert Raths als Präsident der Standortgemeinde Thal konnte darauf die Arbeiten ausschreiben. Den Aushub und die Baumeisterarbeiten vergab er an die Gerschwiler AG in Goldach. Die technischen Anlagen für die EMV hatte er bereits bei der Projektierung ausgeschrieben, damit die Kosten genau berechnet werden konnten. Lieferanten werden hier die französische Ozonia und die schweizerische Wabag.

Ohne Preiserhöhung für Einwohner und Betriebe

Aufgrund der Prüfungen wird der Bund drei Viertel der zur Erfüllung der EMV-Vorschriften nötigen Investitionskosten zurückerstatten. Die weiteren Baukosten und die Betriebskosten übernimmt der Verband ohne höheren Preis für die Einwohner und die Betriebe. Ebenso überwälzt er ihnen die seit 2016 fällige jährliche Abgabe nicht. Das sei möglich, weil der AVA in den vergangenen Jahren Einsparungen erzielt und daraus Reserven angelegt habe, erläutert Geschäftsführer Christoph Egli.

Von der Abgabe wird der Verband befreit, wenn die EMV in Betrieb ist, frühestens ab 2019. Der AVA will ab diesem ersten Zeitpunkt bereit sein. Dafür muss er die Anlagen so erstellen, dass er via Kanton dem Bund die Bauabrechnung bis Ende September 2018 einreichen kann.

Pionierprojekt für 22 Millionen

Der Abwasserverband für Gemeinden in der Region Rorschach, im Unteren Rheintal und im Appenzellerland baut die Abwasserreinigungsanlage in Altenrhein aus zur Elimination von Mikroverunreinigungen. Die DV bewilligt dafür 22 Millionen Franken.

FRITZ BICHSEL, St.Galler Tagblatt, 26.03.2016

ALTENRHEIN. Die Abwasserreinigungsanlage in Altenrhein wird als erste im Kanton St. Gallen und als eine der ersten schweizweit für diese Stufe ausgerüstet. Die Mehrkosten übernimmt der Verband: Den Einwohnern und Betrieben werden die gleichen Gebühren verrechnet wie seit Jahren.

Lange finanzielle Vorbereitung

Der Verband bereitete sich technisch und finanziell seit Jahren auf diese neue Aufgabe vor. Anfang 2016 setzte der Bund die neuen Bestimmungen für Abwasserreinigungsanlagen für viele Einwohner oder nahe bei einem See in Kraft. Die Delegierten der Gemeinden des Verbandes Altenrhein genehmigten jetzt einstimmig den Kredit von 21,8 Mio. Franken für Bauten und Technik.

Gereinigtes Abwasser enthält Rückstände von Medikamenten, synthetischen Mitteln oder Schwermetallen. Sie beeinträchtigen das Wasser in Flüssen und Seen. Das Entfernen ist im Grundsatz einfach: zusätzlich filtern oder mit Ozon behandeln und filtern – wie für Trinkwasser. Es gibt jedoch viele Verfahren, Filter und Kombinationen. Das System muss auf die Zusammensetzung des Abwassers in einer Reinigungsanlage abgestimmt werden.

Neuartiges System gewählt

Die ARA Altenrhein beteiligte sich an Pilotversuchen in der Schweiz und ging auch ins Ausland: Um zu erproben, welches System bei ihr geeignet ist, brachte sie nach Auskunft von Geschäftsführer Christoph Egli Abwasser mit einem Lastwagen auch in eine Anlage in Eriskirch. Nach Tests mit acht Verfahren blieben zwei: Behandlung mit Ozon und Nachbehandlung im bestehenden Sandfilter oder in einem zusätzlichen Filter mit granulierter Aktivkohle (GAK). Der Verwaltungsrat und die Delegierten entschieden sich für die teurere Variante mit GAK.

Altenrhein wird damit schweizweit die erste ARA, die Mikroverunreinigungen mit der neuen Kombination von Ozon und GAK beseitigt. Nach Erläuterungen von Ingenieuren und Geschäftsführer bringt das hohe Wirkung, mehr Sicherheit im Betrieb mit zwei Filtern, Schonung des Sandfilters, der über Jahre optimiert wurde zur Beseitigung anderer Stoffe, Vorteile beim Unterhalt und bessere Möglichkeiten für Ausbau bei Bedarf.

Der Auftrag fürs Projekt ging aufgrund der Ausschreibung an die Ingenieurgemeinschaft Holinger/Kuster+Hager. Es umfasst Bauten und Technik für Ozonreaktoren und Filter, Energie, Pumpen, Lüftung, Messtechnik, Steuerung und vieles mehr sowie einen grossen Sauerstofftank. Für möglichst genaue Berechnung der Kosten wurde der technische Hauptteil bereits ausgeschrieben. Den GAK-Filter liefert die Wabag aus der Schweiz und die Anlage zur Ozonierung die Ozonia aus Frankreich.

Geringe Kosten für Mehrwert

Der Verwaltungsrat des AVA entschied sich zur Schonung des Bodensees als Trinkwasserspeicher und auch aus finanziellen Gründen für schnelles Vorgehen. Die neue Stufe in den betroffenen ARA wird mitfinanziert durch eine Abgabe von neun Franken je Einwohner und Jahr, die alle ARA in der Schweiz bezahlen müssen. Daraus vergütet der Bund drei Viertel der Investitionskosten zurück. Die Berechnungen zum Projekt zeigen, dass die Kosten beim Verband Altenrhein nur etwa einen Franken je Einwohner höher sein werden als wenn er die Abgabe – etwa eine halbe Million pro Jahr – bezahlen müsste. Von dieser wird er befreit, wenn die Anlage im August 2018 in Betrieb geht.

Pionierarbeit mit Phosphor

Phosphor ist ein wichtiger Nährstoff und wird mit der Klärschlammentsorgung dem natürlichen Kreislauf entzogen. Das soll sich ändern – ab Januar macht der Bund Phosphorrückgewinnung zur Pflicht. Die ARA Altenrhein tüftelt an der nötigen Technologie.

CORINA TOBLER, Ostschweiz am Sonntag, 27.12.2015

ALTENRHEIN. Die Forderung ist da, die Technologie noch nicht. Sie muss aber entwickelt werden, innerhalb der kommenden zehn Jahre. So lange haben die Betroffenen Zeit, eine Methode zu entwickeln, mit der in Kläranlagen der Nährstoff Phosphor aus dem Klärschlamm rezykliert werden kann. Diese Übergangsfrist setzt der Bund in der ab 1. Januar geltenden Verordnung über die Vermeidung und die Entsorgung von Abfällen (VVEA) fest. Die VVEA ersetzt die Technische Verordnung über Abfälle und legt den Fokus vermehrt auf Vermeidung von Abfall und auf seine Verwertung.

Pionierprojekt in Altenrhein

In den letztgenannten Bereich fällt die Herausforderung, mit der sich die Kläranlagen nun landesweit konfrontiert sehen. Während die Bürger die noch nicht abschätzbaren Kosten tragen werden, müssen die Wissenschafter einen Weg finden, Phosphor aus dem Klärschlamm zu entfernen und wiederverwendbar zu machen. Das ist eine komplexe Angelegenheit und erfordert ein Verfahren, bei dem möglichst wenige Stoffe anfallen, welche die Umwelt schädigen können. Dies wiederum ist schwierig, weil Klärschlamm nicht nur wertvolle Stoffe wie eben Phosphor enthält, sondern auch Schadstoffe, die aus dem Wasser gefiltert und dann als Teil des getrockneten Klärschlamms verbrannt oder deponiert werden.

Dem zukunftsträchtigen Verfahren will der Abwasserverband Altenrhein in Zusammenarbeit mit der Hochschule für Life Sciences der Fachhochschule Nordwestschweiz in einem Projekt näherkommen, das die Kommission für Technologie und Innovation unterstützt. «Wir möchten mithelfen, die Entwicklung anzustossen und unterstützen daher den Betrieb einer Pilotanlage bei uns», sagt Christoph Egli, Geschäftsführer des Abwasserverbands Altenrhein (AVA). Auf dem Gelände des AVA, der den Klärschlamm von 350 000 Menschen aufnimmt, steht seit Juli eine Pilotanlage der Firma Susteen Technologies.

Schadstoffe müssen weg

Die auf den ersten Blick unscheinbare Anlage kann an einem Tag portionenweise höchstens 25 Liter Klärschlamm verarbeiten. Dies bei 400 bis 800 Grad Celsius, denn sie betreibt sogenanntes thermo-katalytisches Reforming. Bei diesem Verfahren wird getrockneter Klärschlamm unvollständig verbrannt und so chemisch aufgespalten. Dabei entsteht Klärschlamm-Koks, eine Art Kohle, in der Phosphor und weitere Stoffe gebunden sind; dazu kommen weitere Abfallstoffe, die als Flüssigkeit abgeführt werden. Das Pilotprojekt muss nun die zwei entscheidenden Fragen klären. Erstens: Gelingt es, den Koks von Schadstoffen abzureichern und die weiteren Abfallstoffe unschädlich zu machen? Und zweitens: Ist die Verfügbarkeit von Phosphor im Koks hoch genug, damit die Pflanzen den neuartigen Dünger verwerten können?

Demo-Anlage ist erklärtes Ziel

Die zweite Frage kann Christoph Egli bereits jetzt positiv beantworten: «Erste Pflanzenversuche haben gezeigt, dass die Verfügbarkeit von Phosphor im Koks hoch ist», sagt Egli, dessen erklärtes Ziel der zeitnahe Bau einer grosstechnischen Demo-Anlage für das neue Verfahren in Altenrhein ist. «Pionierarbeit hat beim AVA Tradition. Wir haben eine Verantwortung der Natur und unseren Klärwerkspartnern bei der ARA gegenüber – dazu kommt unser wissenschaftliches Interesse an der Sache», legt Egli die Beweggründe für den grossen Einsatz offen.

Problem von globalem Ausmass

Apropos grosser Einsatz. Weshalb sind Phosphor und seine Rückgewinnung eigentlich so wichtig? Hauptsächlich, weil Phosphor in sämtlichen Zellen von Lebewesen eine wesentliche Rolle spielt. In der Natur ist das Vorkommen von Phosphor aber begrenzt, oft ist er der begrenzende Faktor für Pflanzenwachstum und somit für die Nahrungsmittelproduktion. Da aber die Weltbevölkerung weiterhin und rasant wächst, steigt ihr Nahrungsmittelbedarf. Damit die landwirtschaftliche Produktion Schritt halten kann, ist Dünger nötig, der Phosphor enthält. Dieser wird aus phosphorhaltigen Erzen hergestellt, die nicht erneuerbar sind. Der Abbau und die Düngerherstellung sind mit erheblichen Umweltbelastungen verbunden. Der in Form von Dünger ausgebrachte Phosphor landet teilweise im Abwasser und damit in den Kläranlagen. Dort wird er aus dem Abwasser gefiltert und dann als Bestandteil des Klärschlamms in aller Regel verbrannt – geht also unwiederbringlich verloren. Dies insbesondere seit 2006 das Ausbringen von Klärschlamm auf landwirtschaftliche Flächen verboten wurde.

Fernwärme als Zugabe

Die Konsequenz ist, dass die Schweiz laut Zahlen des Bundesamts für Umwelt aus dem Jahr 2006 jährlich rund 16 500 Tonnen Phosphor importiert; den Teil im Klärschlamm aber ständig aus dem Verkehr zieht. Dabei, so das Bafu, könnten rund 10 000 Tonnen jährlich wiederverwertet werden. Das grösste Potenzial liegt im Recycling des Phosphors im Klärschlamm. Dieses soll mit der neuen Verordnung ausgeschöpft werden. Christoph Egli ist zuversichtlich, dass der technologische Durchbruch in der zehnjährigen Frist gelingt. Er hofft, dass die Phosphorrückgewinnung in Altenrhein möglich sein wird. «Wir könnten aus unserem Verfahren nicht nur Phosphor, sondern auch Energie für Fernwärme gewinnen.» Das ist zwar noch Zukunftsmusik, gut klingen tut sie aber allemal.

 

Saubere Kanäle dank «Ellie»

CORINA TOBLER, Ostschweizer Tagblatt, 30.07.2015

Sie stinken und können bei Starkregen überlaufen. Nun hat der Abwasserverband Altenrhein ein neues Mittel gegen verschmutzte Abwasserkanäle. Das 660 000 Franken teure Spezialfahrzeug «Ellie» saugt und spült in der ganzen Region.

Das Spülgeräusch wird lauter, als Edi Hinnen den Kopf des roten Reinigungsschlauchs in der Leitung per Fernsteuerung immer näher zum Lastwagen zieht. Plötzlich spritzt eine Fontäne schmutzigen Wassers aus dem Schacht. Edi Hinnen, seit 15 Jahren für den Abwasserverband Altenrhein (AVA) im Einsatz, zieht den Schlauch an die Oberfläche und nimmt die Düse ab. Bei Hinnen sitzt jeder Handgriff – obwohl für ihn und seinen Begleiter Silvan Büchel die Arbeit mit der neusten Errungenschaft des AVA noch neu ist.

Nach einem Mammut benannt

«Ellie», so heisst der emissionsarme Dreiachser, ist technisch auf dem neusten Stand. Allradantrieb und 2,3 statt 2,5 Meter Breite machen den Wagen auch auf den steilen und teils schmalen Strassen im AVA-Gebiet einsatzfähig. Seine Hauptaufgabe ist die Instandhaltung des Kanalnetzes des Verbands und seiner 15 Gemeinden. «Das Spülen der Leitungen gehört seit der Gründung des AVA zu unseren Aufgaben. Anfangs hatten wir nur ein Fahrzeug, 1999 schafften wir ein zweites an», sagt Frank Lükewille, Leiter Siedlungsentwässerung beim AVA. Das erste grössere Fahrzeug wurde 2011 ersetzt durch den Lastwagen «Manny», benannt nach dem Mammut aus den «Ice Age»-Trickfilmen. «Ellie» – Mannys Frau heisst so – ersetzt nun das 1999 angeschaffte Fahrzeug.

«Der neue Wagen kann nicht nur spülen, sondern auch saugen. So können wir damit auch die Strassensammler absaugen, die jährlich gereinigt werden müssen. Darin sammelt sich der Schmutz, den man nur im Winter auf dem Schnee am Strassenrand sieht – Staub aus der Luft, Pneuabrieb, Öl, Bremsstaub», sagt Lükewille. Zudem könne «Ellies» Tank mit zehn Kubikmeter Fassungsvermögen das Wasser aus den Strassensammlern wiederverwenden. «Ein Filter trennt den Schlamm vom Wasser, das dann zum Spülen verwendet werden kann.»

Gegen Gestank und Überflutung

Die Leitungen spült der AVA in allen Gemeinden des Verbands im Dreijahresrhythmus. «Einerseits lagern sich Feststoffe aus dem Schmutzwasser an der Sohle der Leitungen ab, besonders bei flach abfallenden Leitungen. Andererseits entsteht am ganzen Rohr ein Schleimfilm», begründet Lükewille. Die Folgen davon sind Faulgasbildung mit entsprechendem Gestank und eine verringerte Abflusskapazität der Leitungen. So könnte bei Starkniederschlägen Wasser austreten. Bei der Reinigung wird der Schlauch bis zu 220 Meter in die Leitung geführt. Dann wird sie zum Lastwagen zurückgezogen und reinigt dabei die Leitung unter Hochdruck. Die Düse am Kopf des Schlauchs spritzt Wasser mit einem Druck von 200 bar – das entspricht 200-mal dem Luftdruck auf Meereshöhe – rückwärts gegen die Leitungswand. So wird der Schmutz entfernt und hinter der Düse her und aus der Leitung gestossen.

Reinigung zwingend nötig

Je flacher die Leitungen zur Kläranlage abfallen, desto rascher entstehen Ablagerungen. «Probleme macht auch zu starkes Wassersparen, etwa bei der Toilettenspülung, weil die Feststoffe weniger weggeschwemmt werden. In deutschen Städten führte dies schon zu grossen Problemen. Dort kann auch die Reinigungsarbeit im Kanal drin sehr gefährlich sein, da Faulgas in hoher Konzentration tödlich ist», sagt Lükewille und betont damit die Wichtigkeit der Kanalreinigung. Er ist daher überzeugt, dass sich die Investition von 660 000 Franken in «Ellie» lohnt. Sie soll im Idealfall bis 30 Jahre für den AVA im Einsatz sein.

AVA geht Partikeln an den Kragen

St.Galler Tagblatt, 13.05.2015 – von Corina Tobler

Der Abwasserverband Altenrhein (AVA) steht davor, mehrere Grossprojekte zu realisieren. Neben dem Ausbau des Kanalnetzes ist die Eliminierung von Mikroverunreinigungen in der Kläranlage ein zentrales Thema. Diese soll 2017 starten.

Sie sind winzig klein und gelangen nur in sehr tiefen Konzentrationen von Nano- bis Mikrogramm in die Gewässer. Trotzdem können die Mikroverunreinigungen – organische Spurenstoffe und Schwermetalle – das Leben in den Gewässern schädigen und die Trinkwasserqualität beeinträchtigen. Quellen dafür sind alltägliche Produkte. Arzneimittel, Körperpflegeprodukte, Putzmittel, aber auch Pflanzen- oder Materialschutzmittel enthalten die Stoffe, von denen in der Schweiz laut einer Studie des Bundesamts für Umwelt (Bafu) über 30 000 im täglichen Gebrauch sind.

Ozon gegen Verunreinigungen

Die Kläranlagen entfernen heute vor allem Nährstoffe wie Stickstoff, Kohlenstoff und Phosphor aus dem Abwasser. Mikroverunreinigungen gelangen aber nicht nur aus diffusen Quellen, etwa in der Landwirtschaft, in die Gewässer, sondern auch über Kläranlagen. Sie sind als Sammler von Abwasser eine wichtige Quelle. Dagegen geht die ARA Altenrhein nun vor. Das Parlament stimmte im März 2014 dem Vorschlag des Bundesrats zu, Geld für den Ausbau von rund 100 der 700 Schweizer ARA zu sprechen, um Mikroverunreinigungen gezielt zu eliminieren.

Der Verwaltungsrat des AVA entschied im Juni 2014, dass in Altenrhein vor allem Ozon den schädlichen Partikeln den Garaus machen soll. Das Gas muss vor Ort in einem Ozongenerator erzeugt werden und wird ins gereinigte Abwasser eingetragen. Es reagiert chemisch mit den Mikroverunreinigungen, wandelt sie also um. Die Umwandlungsprodukte, die wie die Mikroverunreinigungen biologisch aktiv sein können, werden zum Beispiel an Aktivkohle gebunden. Die ARA Altenrhein will das Projekt laut Geschäftsführer Christoph Egli zügig umsetzen. «Das Vorprojekt mit zwei Varianten liegt vor; das Bauprojekt wird erarbeitet.» Für die Inbetriebnahme ins Auge gefasst wurde der Spätsommer 2017. Die Finanzierungsrichtlinie des Bundes wird per Anfang 2016 erwartet. «Voraussichtlich übernimmt der Bund 75 Prozent der anrechenbaren Investitionskosten. Die Amortisierung der restlichen 25 Prozent und die Betriebskosten gehen zulasten der ARA», sagt Egli zur Finanzierung. Die Kosten von schweizweit 1,2 Milliarden Franken werden mit einer bis 2040 befristeten Abwasserabgabe aufgefangen, die bei neun Franken pro Person und Jahr liegt. Sie wird erstmals 2016 erhoben. Gesetzliche Auflage ist eine 80-prozentige Entfernung der Mikroverunreinigungen. Dies dürfte laut Bafu-Studie einen zusätzlichem Energieverbrauch der Kläranlage von 10 bis 30 Prozent zur Folge haben.

Gewässerschutz verbessern

Bereits in Bau sind die zwei Grossprojekte im Kanalnetz des AVA. Die Gemeinden Rehetobel (bis Frühling 2016) und Speicher (2017) werden ans Netz angeschlossen. Das Grossprojekt mit Bruttokosten von 9,6 Millionen Franken ist seit März in Bau, die Leitungen zwischen Rehetobel und der Anschlussstelle in Eggersriet werden derzeit verlegt (Ausgabe vom 24. April).

Auch das Projekt Notentlastung Steinlibach wird realisiert. Das Pumpwerk wird mit drei Notentlastungspumpen ausgerüstet. Mit dieser Massnahme können 6000 Kubikmeter zusätzliches Rückhaltevolumen im Zulaufkanal aktiviert werden. Dies kommt vor allem bei starken Regenfällen zum Tragen. Die Menge an Mischwasser, die zur Entlastung direkt in Gewässer abgeleitet wird, kann reduziert werden. «Resultat dieser Massnahme ist die Verbesserung des Gewässerschutzes und der Entwässerungssicherheit», fasst Christoph Egli zusammen. Die Bauarbeiten sollen im Sommer beendet sein.

Luftpost fürs Abwasser

St.Galler Tagblatt, 24.04.2015, von Corina Tobler

Ab Frühling 2016 soll das Abwasser der Gemeinde Rehetobel ins Netz des Abwasserverbands Altenrhein fliessen. Derzeit werden die Leitungen verlegt. Das Gelände macht dafür spezielle Massnahmen nötig, so auch einen Helitransport.

Die Rotoren des Helikopters knattern, das 40 Meter lange Stück Kunststoffleitung, das er transportiert, schwingt unruhig hin und her. Doch die Arbeiter am Boden fassen ruhig eine Leitung nach der anderen und reihen sie auf dem Hang auf. Den Einsatz des Helikopters beobachten Christoph Egli, Geschäftsführer des Abwasserverbands Altenrhein (AVA), und Frank Lükewille, Leiter Siedlungsentwässerung, aus nächster Nähe. «Ein Helitransport ist auch für uns etwas Spezielles.»

Anschluss in Oberebni

Die Beschreibung speziell passt zum gesamten Projekt, das für budgetierte 6,9 Millionen Franken exklusive Subventionen den Anschluss der Gemeinden Rehetobel und Speicher ans AVA-Netz vorsieht. «Auslöser waren die sanierungsbedürftigen Kläranlagen dieser Gemeinden. Man kam zum Schluss, dass ein Anschluss an den AVA Sinn macht – finanziell wie auch betrieblich und ökologisch gesehen», sagt Christoph Egli. Nach einer komplexen Planungsphase starteten im März die Bauarbeiten. Zunächst werden die Leitungen für den Anschluss von Rehetobel verlegt. Diese verlaufen ab der Kläranlage zur Lobenschwendi. Dort vereinigen sie sich mit den Leitungen ab Speicher und werden doppelt geführt über Habset und Herdli zur Aachmühle verlegt. Via Risel erfolgt dann bei der Oberebni der Anschluss ans bestehende Netz. Neben Tiefbauarbeiten und Rohrlegungen sind zwei Bohrungen nötig, eine von der Kläranlage Rehetobel aus, eine zweite ab der Lobenschwendi.

Wasser muss aufwärts fliessen

Eine besondere Herausforderung für den Bau ist das hügelige Gelände, wie Frank Lükewille erklärt. «In Eggersriet entsteht ein 2,5 Kilometer langer Düker, eine Leitung also, in der das Wasser nach dem Tiefpunkt bei der Aachmühle bergaufwärts fliessen muss.» Das Prinzip ist ähnlich wie bei einer Giesskanne: Im abfallenden Teil des Dükers entsteht Druck, der das Wasser auf der ansteigenden Seite hochpresst. Dieser Druck wird bei der Aachmühle bis zu 22 bar betragen, was gut 22mal dem Luftdruck auf Meereshöhe entspricht. Diesem Druck müssen die Leitungen standhalten. «Daher verwenden wir in diesem Bereich ausnahmsweise Trinkwasser-Rohre, weil sie stärker sind», sagt Lükewille.

Weniger Schweissen dank Heli

Immer vier der je zehn Meter langen Rohre wurden vorgängig zusammengeschweisst. Fürs Schweissen müssen die Rohre von beiden Seiten zusammengedrückt werden. «Das geht im steilen Gelände hier nicht. Darum entschieden wir, die Leitungen auf der flachen Wiese zu schweissen und an den Hang Richtung Risel zu fliegen. Die 40 Meter langen Rohre, werden mit dem Bagger in den Graben gezogen. Im Graben müssen wir so deutlich weniger schweissen – und sparen Verbindungsteile, die sogenannten Schweissmuffen», sagt Lükewille. Der Leitungsbau, der planmässig verläuft, soll bis November dauern. Dann folgt der Umbau der Kläranlage Rehetobel. «Die Becken werden mehrheitlich umgenutzt. Wir werden sie für den Tagesstapel brauchen, also um das Abwasser aufzufangen und zwischenzuspeichern. Es soll täglich in mehreren Schüben durch den Düker fliessen.» Dies ist wichtig, weil die Fliessgeschwindigkeit im Düker mit einem Meter pro Sekunde hoch sein sollte. Das verhindert, dass Ablagerungen in der Leitung entstehen. Sobald Rehetobel im Frühling 2016 am AVA-Netz ist, startet der Leitungsbau ab Speicher.