100 Millionen für sauberes Abwasser

St.Galler Tagblatt, 28.09.2018
von Fritz Bichsel

Der Abwasserverband Altenrhein umfasst mittlerweile 17 Gemeinden. Sein Geldbedarf wird nach Grossprojekten wieder sinken. Für diese gibt er einen grossen Bazen aus.

Den Verband AVA bilden die 15 Gemeinden von St. Margrethen bis Goldach und Eggersriet sowie von Walzenhausen bis Speicher. Ihre Delegierten genehmigten das Budget 2019 mit Investitionen für 24,6 Mio. Franken (nach 10,5 Mio. 2017 und 17,3 Mio. 2018).

Sie enthalten zwei Grossprojekte. Im Bau ist die Reinigungsstufe zur Elimination von Mikroverunreinigungen für gut 21 Mio. Geschäftsführer Christoph Egli informierte, dass sie nach Plan entsteht. So kann der AVA als einer der Pioniere diese Stufe bis Herbst 2019 fertigstellen. Damit wird ab 2020 die EMV-Abgabe von jährlich neun Franken je Einwohner an den Bund wegfallen.

Bis zur Vergabe der Aufträge vorbereitet ist die Sanierung der 40-jährigen Bauten und die Erneuerung von Einrichtungen für das Stapeln und Mischen von Klärschlamm. Die Delegierten bewilligten dafür 7,6 Mio. Franken. Diese Kosten decken Erträge aus der Schlammbehandlung für die ganze Ostschweiz in der ARA Altenrhein.

Bis 2032 fast 120 Millionen Franken investieren
Die hohen Investitionen bewirken höhere Abschreibungen. Trotzdem und ohne Erhöhung des Preises, den er den Gemeinden je Einwohner oder Einwohnergleichwert in Betrieben verrechnet, budgetiert der Verband auch für 2019 Gewinn zur Einlage in die Reserve: noch knapp eine Million Franken (in den Vorjahren je 1,9 Mio.). Gemäss dem aktualisierten Plan will der Verband in 15 Jahren (seit Ende 2017 und bis 2032) fast 120 Mio. Franken investieren. Nachdem er alle Schulden getilgt hatte, muss er dafür wieder Fremdgeld beanspruchen – gemäss heutiger Berechnung vorübergehend bis gegen 90 Mio. Franken. Trotzdem werden die Ableitung und die Reinigung des Abwassers für die Lieferanten nicht teurer. Nach Auskunft von Geschäftsführer Egli soll der Preis von jährlich 116 Franken je Einwohner und Einwohnergleichwert «in dieser Zeit mindestens nicht steigen».

Nebst noch besserer Wasserreinigung war in den vergangenen Jahren die Rückgewinnung von Energie aus Abwasser und sparsamer Energieverbrauch im Betrieb der Schwerpunkt. Damit erzielt der AVA Erfolge, wie die Medaille d’eau zeigt. Diese verliehen ihm der Verein Infrawatt und Schweizer Abwasserfachleute jetzt zum dritten Mal in Serie. Nun verlagert sich der Schwerpunkt bei Investitionen zur Rückgewinnung von Rohstoffen wie Phosphor oder Stickstoff.

Zwei Gemeinden neu dabei, zwei weitere folgen
Der Anschluss von Rehetobel und Speicher an die Abwasserreinigungsanlage in Altenrhein ist fertig. Seit knapp zwei Wochen fliesst auch das Wasser aus Speicher dorthin. Die Delegierten genehmigten den letzten Kredit für Investitionen des Verbandes, die von diesen Gemeinden und ihren Subventionsgebern bezahlt werden. Nun betreibt, unterhält und finanziert der Verband die Anlagen. Weiter kommen Trogen und Wald hinzu. Sie geben dafür ihre eigene Kläranlage auf. Ihre Stimmbürger haben den Beitritt zum Verband AVA und die Delegierten der Verbandsgemeinden der Aufnahme zugestimmt. Die Verbindung wird bis Herbst 2020 gebaut. Damit wird das ganze Goldachtal an die ARA Altenrhein angeschlossen sein.

Der Anschluss von Speicher ist erfolgt

Appenzeller Zeitung, Astrid Zysset, 19.9.2018

Die Kläranlage in Speicher wird still gelegt. Das Abwasser fliesst nun in die ARA Altenrhein. Sechs Jahre dauerten die Vorbereitungen. Das Projekt wird teurer als erwartet.

Heute wird die Abwasserreinigungsanlage (ARA) Speicher still gelegt und der Anschluss an die ARA in Altenrhein erfolgt. Einen entsprechenden Kredit über 2,6 Millionen Franken für die Investitionen hiess die Stimmbürgerschaft 2012 gut. Rehetobel hat die Vorreiterrolle übernommen und ihr Klärwerk bereits 2017 ausser Betrieb genommen, voraussichtlich wird 2020 noch Trogen/Wald folgen. Dann werden alle drei ihr Abwasser zur ARA Altenrhein ableiten, welche aufgrund der Dimensionierung und vorhandenen Kapazitätsreserven die zusätzlichen Abwassermengen ohne bauliche Anpassungen bewältigen kann. Doch für den Anschluss der drei ARA aus dem Appenzellerland mussten in den vergangenen sechs Jahren viele bauliche Massnahmen getroffen werden: Insgesamt 5,3 Kilometer zusätzliche Leitungen wurden verlegt. Diese docken im Gebiet Oberebni in Eggersriet an das bestehende Leitungsnetz des Abwasserverbandes Altenrhein (AVA) an. Zusätzlich wurden die Kläranlagen in Rehetobel und Speicher umgebaut.

Kläranlage nur noch als Zwischenspeicherung
In Speicher sind die Veränderungen augenscheinlich: Die Becken, in welchen zuvor das Wasser gereinigt wurde, wurden umgebaut und dienen nun zur Zwischenspeicherung. Alle ein bis sechs Stunden (je nach Niederschlagsmenge) fliesst das Abwasser chargenweise in die Leitungen bis nach Altenrhein. Was in Speicher zudem zu finden ist, ist ein Mazerator, der grosse Überbleibsel im Abwasser verkleinert und so sicherstellt, dass die Leitungen nicht verstopfen. «Es ist alles technisch sehr anspruchsvoll», resümiert Frank Lükewille, Leiter Siedlungsentwässerung beim AVA. Den reibungslosen Ablauf stellt ein 24-stündiger Pikettdienst sicher. Dieser befindet sich jedoch in Altenrhein. In Speicher wird die Stelle des Klärmeisters hinfällig. Und was mit den Gebäuden, die nicht mehr benötigt werden, geschehen soll, darüber ist sich die Gemeinde im Unklaren. «Vielleicht entsteht dort eine Kombination zwischen einer Entsorgungs- und einer Sammelstelle», mutmasst Gemeinderat Fredy Zünd.

Ohne Pumpwerke bis nach Altenrhein
Insgesamt investieren die Gemeinden 9,6 Millionen Franken an den Anschluss an die ARA Altenrhein. Neben den Leitungen und dem Umbau der Kläranlagen floss das Geld auch in den Bau von sogenannten Dükern, damit auf Pumpwerke verzichtet werden konnte. Weiter mussten punktuell die Durchmesser der bestehenden Rohrleitungen angepasst respektive Kalibervergrösserungen vorgenommen werden. Dies vor allem in Untereggen. «Die zusätzlichen Wassermassen hätten die bestehenden Leitungen ansonsten nicht aufnehmen können», so Lükewille weiter. Aus Rehetobel werden nämlich durchschnittlich 35 Liter pro Sekunde Abwasser erwartet, aus Speicher 40 und aus Wald/Trogen gar deren 50 Liter pro Sekunde. Ein Wermutstropfen findet sich im Projekt dennoch: So liegen die Investitionskosten aufgrund von technischen Schwierigkeiten und Projektanpassungen massiv höher, als ursprünglich gedacht. «Wir sind definitiv über den 2,6 Millionen, aber die genauen Zahlen erwarten wir erst gegen Ende Jahr», so Zünd. Dennoch sei der Anschluss an den AVA auf lange Sicht immer noch die günstigere Alternative für Speicher gewesen, als die 1973 erbaute Kläranlage zu sanieren. Nicht der einzige Vorteil, wie AVA-Geschäftsführer Christoph Egli findet: Auch in Sachen Energieverbrauch und bezüglich der zusätzlichen Reinigungsstufe für hormonaktive Stoffe – in der ARA Altenrhein wird diese im Mai in Betrieb genommen – habe sich der Schritt gelohnt. Zudem werde die Goldach, in welcher zuvor das gereinigte Abwasser abgeleitet wurde, entlastet.