Gewaschene Luft tut Nasen gut

Montagabend vor der Kläranlage. Sonnenstrahlen durchbrechen die Wolken. Ein «Duft» liegt in der Luft. Nicht von der Kläranlage, sondern von den frisch gegüllten Wiesen ringsum. Etwa 40 Altenrheinerinnen und Altenrheiner versammeln sich vor dem Eingang. Sie sind auf Einladung des Abwasserverbandes Altenrhein gekommen. Sie wollen wissen, was die ARA-Verantwortlichen getan haben, um die von der Schlammtrocknungsanlage während einiger Zeit verursachten «störenden und nicht akzeptierbaren Geruchsimmissionen», wie es Geschäftsführer Christoph Egli formuliert, zu beseitigen. Und dass die Vorkehrungen Wirkung zeigen, das bestätigen die Nachbarn. Es sei wie Tag und Nacht, sagt eine Nachbarin. Ein Nachbar stimmt ihr zu.

Entspannte Situation
Begonnen hat die Geschichte mit der Geruchsbelästigung im Jahr 2006. Damals sei für die Schlammtrocknung eine Bandtrocknungsanlage installiert worden, als Ersatz für die alte Trommeltrocknung, sagt Egli. Nach der Inbetriebnahme der neuen Anlage seien sie erschrocken. «Es stank.» Die alte Anlage wurde weiter betrieben und die neue genau unter die Lupe genommen. Die ARA-Verantwortlichen suchten nach technischen Lösungen. Und wurden fündig. In den Jahren 2008 und 2009 wurde ein sogenannter Abluftwäscher eingebaut. «Die beste Lösung», sagt Egli. Nun habe sich die Situation entspannt.

Alles im grünen Bereich
Das Umtec, das Institut für Umwelt- und Verfahrenstechnik der Fachhochschule Rapperswil wurde zudem beauftragt, die Immissionen zu messen. Professor Jean-Marc Stoll erläuterte am Montagabend die Resultate der Untersuchungen. Sein Fazit: Alles im grünen Bereich.

Stoll begann seine Erläuterungen mit einem kleinen Exkurs in die Welt der Düfte und Gerüche, die subjektiv wahrgenommen würden. So könne für jemanden das gleiche Parfum «zum Himmel stinken», für andere wieder himmlisch duften. Es sei auch klar, dass Gerüche so lästig sein könnten wie zum Beispiel Lärm. Stoll erklärte schliesslich, wie das Institut vorgegangen ist bei den Immissionsmessungen. In der Zeit vom 1. Juni bis 28. November des vergangenen Jahres seien neun geschulte Probanden immer wieder in der Umgebung der Kläranlage unterwegs gewesen. Während des Tages ebenso wie während der Nacht. Dabei hätten sie jeweils zehn Minuten lang an acht verschiedenen Standorten «geschnüffelt» und die wahrgenommenen Gerüche elektronisch erfasst. Dabei stellten sie viele Gerüche fest, aus der Landwirtschaft, vom naheliegenden Campingplatz und eben auch von der Kläranlage. Aber letztere seien «im ganzen Gebiet nicht übermässig» aufgetreten.

Nicht gesundheitsschädigend
Alle anwesenden Nachbarn der Kläranlage hörten diese Worte. Ein Votant stellte danach fest, dass zwar eine Verbesserung eingetreten ist. Aber noch immer stinke es «stossweise». Christoph Egli bat ihn und alle anderen, solche Vorkommnisse sofort zu melden. Und er versprach, den Ursachen jeweils unverzüglich nachzugehen. Ähnliches sagte auch Robert Raths, Thaler Gemeindepräsident und Präsident des Verwaltungsrates des Abwasserverbandes: «Ihr könnt mir immer telefonieren, wenn es wieder einmal stinkt.»

Schliesslich wollte ein Altenrheiner noch wissen, ob der Gestank nicht gesundheitsschädigend sei? Jean-Marc Stolls Antwort: «Nein.» Er wie Egli betonten aber auch, dass eine Kläranlage nie hundertprozentig geruchsfrei sein könne.

Fazit des Abends: Nebst dem Geruch von Gülle und Grilliertem werden die Anwohner also doch noch ab und an mit der Nase feststellen können, dass sie neben einer Kläranlage wohnen.

Speicher hat ganz schön viel vor

Trotz des schönen Frühsommerabends waren am Dienstag rund 80 Interessierte in den Buchensaal in Speicher gekommen, um sich über aktuelle kommunale Themen aus erster Hand orientieren zu lassen, obwohl noch keine Abstimmung unmittelbar ansteht.

Mehrere Referenten konnte der Moderator und neue FDP-Präsident Roland Fischer zum Haupttraktandum begrüssen, dem geplanten und schon weit gediehenen Beitritt Speichers zusammen mit Rehetobel zum Abwasserverband Altenrhein (AVA), über den am 23. September an der Urne entschieden wird. Die beiden Gemeinderäte und die AVA sind sich über den Beitritt zum Zweckverband bereits einig, und die Fachleute haben auch schon recht detailliert geplant – immer unter dem Vorbehalt eines Volks-Ja.

Sanierungsbedarf ist vorhanden
Gemeinderat und Bauchef Thomas Christen erläuterte die Ausgangslage. Sowohl in Speicher wie in Rehetobel besteht ein Sanierungsbedarf für die kommunalen Abwasserreinigungsanlagen. In Rehetobel ist dieser allerdings bedeutend dringlicher, weshalb man hier zuerst ansetzen will. Ursprünglich sollten auch Wald und Trogen für eine gemeinsame Abwasserableitung Goldachtal mit ins Boot geholt werden. Diese stiegen aber im Verlaufe der Planung wieder aus. Das grosse Projekt ist aber auch lediglich mit Speicher und Rehetobel möglich, wie die Abklärungen ergaben.

Technisch gut machbar
Details erläuterten Peter Hunziker von der Betatech AG, der die ARA-Situation in Ausserrhoden bestens kennt. Von ihm war zu erfahren, dass die bestehenden, in die Jahre gekommenen Anlagen nicht ganz überflüssig werden, weil eine Vorreinigung weiterhin nötig sein wird, um das Abwasser ohne Pumpen und Energie mittels der sogenannten Dükertechnik in den Kanälen mit dem Vereinigungspunkt Lobenschwendi durch die Töbel an den Bodensee zu führen. Dabei sind einige Hindernisse zu überwinden, wie Ingenieur Peter Jud erläuterte. Man verfüge aber über genügend Erfahrung, um die Herausforderung technisch zu meistern und Ablagerungen, wie sie am tiefsten Punkt zwangsläufig entstehen, mit Kanalfahrzeugen zu entfernen. Auch die Bohrtechnik ist erprobt, wobei man an das Microtunneling denkt. Betont wurde auch, der AVA als Abnehmer verfüge über professionelle Strukturen und genügend Ressourcen auch im Personalbereich.

Wichtig ist das Vorhaben aber auch im Bereich der Sicherheit und Ökologie, wie Karlheinz Diethelm vom Amt für Umweltschutz des Kantons darlegte, obwohl die bestehenden Kläranlagen im Prinzip gute Arbeit leisteten. Dabei geht es vor allem um das Problem der früher wenig beachteten Mikroverunreinigung (Schwermetalle, Pestizide, Arzneimittel) und des Mischverhältnisses in den Eintragsgewässern wie Mühlebach und Goldach. Auch im energetischen Bereich besteht Optimierungsbedarf, der mit dem Anschluss an den AVA abgedeckt werden könne. Dieser habe ausserdem, besser als eine Kleinanlage, die Möglichkeit, technisch entsprechend nachzurüsten, wie dies der Bund fordern wird.

Keine Gebührenerhöhung
Gemäss Thomas Christen geht man von Kosten von 3,2 Mio. Franken für den Leitungsbau aus. Vom Kanton ist mit einer Subvention von rund 30 Prozent zu rechnen. Dazu kommt die Einkaufssumme in den Verband, die je nach der Zahl angeschlossener Einwohner (Speicher entwässert gewisse Gebiete weiterhin auch über Trogen und St. Gallen) gut 650 000 Franken betragen dürfte. Insgesamt aber fahre man auf längere Sicht günstiger, und es sei auch keine Anhebung der Tarife geplant, versicherte Christen. Zum Abschluss des gut einstündigen geballten Infoblocks stellte AVA-Geschäftsführer Christoph Egli der Versammlung das Unternehmen vor, mit dem man eine langjährige Partnerschaft einzugehen gedenkt. Dem Verband gehören bisher 13 St. Galler und fünf Ausserrhoder Gemeinden an. Eine Diskussion war nicht gewünscht. Die Möglichkeit wird dann aber im Vorfeld der Abstimmung vom 23. September noch einmal geboten.