Saubere Kanäle dank «Ellie»

CORINA TOBLER, Ostschweizer Tagblatt, 30.07.2015

Sie stinken und können bei Starkregen überlaufen. Nun hat der Abwasserverband Altenrhein ein neues Mittel gegen verschmutzte Abwasserkanäle. Das 660 000 Franken teure Spezialfahrzeug «Ellie» saugt und spült in der ganzen Region.

Das Spülgeräusch wird lauter, als Edi Hinnen den Kopf des roten Reinigungsschlauchs in der Leitung per Fernsteuerung immer näher zum Lastwagen zieht. Plötzlich spritzt eine Fontäne schmutzigen Wassers aus dem Schacht. Edi Hinnen, seit 15 Jahren für den Abwasserverband Altenrhein (AVA) im Einsatz, zieht den Schlauch an die Oberfläche und nimmt die Düse ab. Bei Hinnen sitzt jeder Handgriff – obwohl für ihn und seinen Begleiter Silvan Büchel die Arbeit mit der neusten Errungenschaft des AVA noch neu ist.

Nach einem Mammut benannt

«Ellie», so heisst der emissionsarme Dreiachser, ist technisch auf dem neusten Stand. Allradantrieb und 2,3 statt 2,5 Meter Breite machen den Wagen auch auf den steilen und teils schmalen Strassen im AVA-Gebiet einsatzfähig. Seine Hauptaufgabe ist die Instandhaltung des Kanalnetzes des Verbands und seiner 15 Gemeinden. «Das Spülen der Leitungen gehört seit der Gründung des AVA zu unseren Aufgaben. Anfangs hatten wir nur ein Fahrzeug, 1999 schafften wir ein zweites an», sagt Frank Lükewille, Leiter Siedlungsentwässerung beim AVA. Das erste grössere Fahrzeug wurde 2011 ersetzt durch den Lastwagen «Manny», benannt nach dem Mammut aus den «Ice Age»-Trickfilmen. «Ellie» – Mannys Frau heisst so – ersetzt nun das 1999 angeschaffte Fahrzeug.

«Der neue Wagen kann nicht nur spülen, sondern auch saugen. So können wir damit auch die Strassensammler absaugen, die jährlich gereinigt werden müssen. Darin sammelt sich der Schmutz, den man nur im Winter auf dem Schnee am Strassenrand sieht – Staub aus der Luft, Pneuabrieb, Öl, Bremsstaub», sagt Lükewille. Zudem könne «Ellies» Tank mit zehn Kubikmeter Fassungsvermögen das Wasser aus den Strassensammlern wiederverwenden. «Ein Filter trennt den Schlamm vom Wasser, das dann zum Spülen verwendet werden kann.»

Gegen Gestank und Überflutung

Die Leitungen spült der AVA in allen Gemeinden des Verbands im Dreijahresrhythmus. «Einerseits lagern sich Feststoffe aus dem Schmutzwasser an der Sohle der Leitungen ab, besonders bei flach abfallenden Leitungen. Andererseits entsteht am ganzen Rohr ein Schleimfilm», begründet Lükewille. Die Folgen davon sind Faulgasbildung mit entsprechendem Gestank und eine verringerte Abflusskapazität der Leitungen. So könnte bei Starkniederschlägen Wasser austreten. Bei der Reinigung wird der Schlauch bis zu 220 Meter in die Leitung geführt. Dann wird sie zum Lastwagen zurückgezogen und reinigt dabei die Leitung unter Hochdruck. Die Düse am Kopf des Schlauchs spritzt Wasser mit einem Druck von 200 bar – das entspricht 200-mal dem Luftdruck auf Meereshöhe – rückwärts gegen die Leitungswand. So wird der Schmutz entfernt und hinter der Düse her und aus der Leitung gestossen.

Reinigung zwingend nötig

Je flacher die Leitungen zur Kläranlage abfallen, desto rascher entstehen Ablagerungen. «Probleme macht auch zu starkes Wassersparen, etwa bei der Toilettenspülung, weil die Feststoffe weniger weggeschwemmt werden. In deutschen Städten führte dies schon zu grossen Problemen. Dort kann auch die Reinigungsarbeit im Kanal drin sehr gefährlich sein, da Faulgas in hoher Konzentration tödlich ist», sagt Lükewille und betont damit die Wichtigkeit der Kanalreinigung. Er ist daher überzeugt, dass sich die Investition von 660 000 Franken in «Ellie» lohnt. Sie soll im Idealfall bis 30 Jahre für den AVA im Einsatz sein.