Noch mehr Energie aus der ARA

Die Gemeinden Rehetobel und Speicher sind dem AVA beigetreten. Das muss in der Vereinbarung der beteiligten Gemeinden bestätigt werden. Gleichzeitig will der Verwaltungsrat weitere Punkte anpassen: die Kreditkompetenz für den Rat und die Delegierten erhöhen, den Verbandszweck erweitern – nebst Gewässerschutz auch Energieproduktion und Recycling. In Heiden und Walzenhausen stimmen die Bürger darüber an der Urne ab. In den anderen Gemeinden – von Eggersriet, Untereggen und Goldach ostwärts bis St. Margrethen – unterstanden die Änderungen dem Referendum. Die Bürger verlangten keine Abstimmung.

Stromverbrauch massiv gesenkt
In der ARA Altenrhein wird das Abwasser aus dem Verbandsgebiet gereinigt und Klärschlamm aus einem noch viel grösseren Gebiet getrocknet. Dafür ist so viel Strom und Wärme nötig, wie ein Dorf mit etwa 3000 Einwohnern verbraucht. Aus Abwasser und Klärschlamm kann aber auch Energie gewonnen werden. Zusammen mit der Vergärung von Speiseabfällen erreicht die ARA Altenrhein nach Auskunft von Geschäftsführer Christoph Egli einen hohen Selbstversorgungsgrad von gut 70 Prozent. Dafür wurde sie 2012, wie drei weitere Anlagen in der Ostschweiz, ausgezeichnet mit der «Médaille d’eau» für energieeffiziente Abwasserreinigung.

Die ARA Altenrhein ist also bereits in der Energieproduktion und im Recycling vergärbarer Stoffe tätig. In diesen neu in den Zweckartikel des Verbandes aufgenommenen Bereichen sind aber weitere Schritte geplant. Abwasser fliesst von Hängen und durch Gebiet mit geringem Gefälle zur ARA. Aber bereits auf diesem Weg durch gut 300 Kilometer Leitungen muss es Tobel und Hügel überwinden. Dafür sind gut 200 Pumpen im Einsatz. Mit viel Energie muss es dann aus dem Hauptkanal in die Anlagen und in diesen von der mechanischen über die biologische Reinigung bis zur Filtration transportiert werden. Für biologische Reinigung wird zudem viel Luft eingepresst. Schlamm wird ebenfalls über mehrere Stationen behandelt und transportiert. Für all das ist Strom nötig. Christoph Egli kann aber berichten, dass die ARA Altenrhein bei der Abwasserreinigung innert weniger Jahre einen Drittel des Stroms einsparte. Das ermöglicht Ersatz oder Umbau von Anlagen und Optimierung von Prozessen. Dabei wagte sich diese ARA auch auf Neuland.

Wärme für die ARA und das Dorf
Die für Reinigung und Trocknung nötige Wärme produziert die ARA Altenrhein zu 100 Prozent selber: Aus dem Abwasser gewinnt sie Wärme zurück mit Wärmepumpen, das Klärgas nutzt sie für ein Blockheizkraftwerk. Christoph Egli erklärt, dass durch Optimierungen auch hier die Effizienz stieg. So entstand auch Kapazität für einen von der Gemeinde in Aussicht genommenen Wärmeverbund. Sie prüft, Haushalte und Betriebe in Altenrhein mit Wärme aus der ARA zu versorgen.

Der AVA hat weitere Energieprojekte. Derzeit wird die Energie-Verteilzentrale neu gebaut und werden Gebäudedächer vorbereitet für die Nutzung von Sonnenenergie durch Photovoltaik auf 900 Quadratmetern. Das entspricht etwa dem Bedarf von 25 Einfamilienhäusern. Die Geschäftsleitung prüfte auch Abwasser in Leitungen mit einiger Höhendifferenz und Wind als Energiequellen. Die Wirkung erwies sich hier aber als gering.

Stoffe und Energie gewinnen
Energie enthält auch getrockneter Schlamm. Er dient als Brennstoff bei der Zementherstellung. Wie Christoph Egli darlegt, wird geprüft, ihn selber zu verwerten, um Phosphor zurückzugewinnen. Auch für Energie aus Vergärung gibt es ein weiteres Projekt: Grüngut aus Sammlungen in der Region verwerten. Eine Anlage in Altenrhein würde die Lücke schliessen zwischen der bestehenden im Rheintal und der für die Region Arbon in der ARA Morgental geplanten.

Kläranlagen werden Kraftwerke

Alle fünf Jahre zeichnet der Verband Schweizer Abwasser- und Gewässerschutzfachleute (VSA) und Energie Schweiz die besten und ökologischsten Kläranlagen der Schweiz mit der Médaille d’eau aus. Der Preis wurde kürzlich das dritte Mal verliehen. Und auch dieses Jahr sind wiederholt zwei Verbände aus der Region dabei: der Abwasserverband Altenrhein (AVA) und der Abwasserverband Morgental in Steinach (AVM). Die Kläranlagen unternähmen grosse Anstrengungen, um die Energieeffizienz zu erhöhen, heisst es in einer Mitteilung vom VSA und Energie Schweiz. Für die Betreiber der Anlagen ist die Médaille d’eau eine Wertschätzung für die Anstrengungen der vergangenen Jahre.

Wandel zum Energiepark
«Zurzeit beschäftigt uns vor allem das Thema der entstehenden Energiezentrale. Der AVM soll sich zum Energiepark wandeln», sagt Geschäftsführer des Abwasserverbands Morgental (AVM), Roland Boller. Der Neubau soll bis im Jahr 2015 abgeschlossen sein. Mit der Zentrale sollen sechs Energieprojekte realisiert werden. Die umliegenden Gemeinden Steinach, Arbon und Roggwil sollen über die neue Zentrale mit Fernwärme versorgt werden. Zusätzlich befinden sich in der Zentrale vier Gasturbinen, die mit dem anfallenden Gas der Kläranlage Strom produzieren. Das Energieparkprojekt wird in Zusammenarbeit mit dem Stromlieferanten EBM und der Stadt St. Gallen durchgeführt. Weitere Projekte seien bereits in der Umsetzung oder in Planung, sagt Boller. So zum Beispiel die Holzwärmezentrale (HWZ), die sich bereits im Bau befindet. Diese verwertet Altholz, und die gewonnene Energie wird dem Wärmeverbund zugeführt. Zusätzlich soll im Jahr 2015 eine Biogasanlage und eine Photovoltaikanlage in Betrieb genommen werden. «Wir bemühen uns, einerseits mehr Strom einzusparen und andererseits mehr Strom zu produzieren», sagt Roland Boller. Das Ziel sei die Realisierung eines autarken Energiehaushaltes.

Mehr Power im Kraftwerk
Auch der Abwasserverband Altenrhein (AVA) beschäftigt sich mit dem Thema Energieeffizienz. «Wir arbeiten seit geraumer Zeit unter Hochdruck an der Energiefrage. Die Médaille d’eau zeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind», sagt der Geschäftsführer des AVA, Christoph Egli. «Der gesamte Energieverbrauch konnte in den vergangenen Jahren um 20 Prozent gesenkt und die Stromproduktion um rund 60 Prozent erhöht werden», sagt Egli. Weiteres Energiepotenzial schlummert im gereinigten Abwasser. In einem Pionierprojekt werde zudem versucht, im Klärschlamm gebundenes Phosphor zurückzugewinnen und thermisch zu nutzen. Dies wäre ein Durchbruch. «Mit diesem Projekt verfolgen wir das Ziel, bestehende Anlagen bestmöglich zu nutzen», sagt Egli.

Trübes Wasser, klarer Gewinn

ALTENRHEIN. 54 047 Frauen, Männer und Kinder sowie viele Betriebe in 13 Gemeinden profitieren von der Arbeit des Abwasserverbandes Altenrhein. In dessen Anlage wurden im vergangenen Jahr über neun Millionen Kubikmeter Wasser oder über neun Milliarden Liter gereinigt. Das sind etwa anderthalb Millionen Kubikmeter mehr als im Vorjahr. Christoph Egli, Geschäftsführer, führt das auf die deutlich höhere Niederschlagsmenge aus den Mischsystemgebieten zurück. Mehr Abwasser gab es aus den privaten Haushalten zu reinigen, weniger aus Industrie- und Gewerbebetrieben. Letzteres sei unter anderem auf die Produktionsschliessung der Kopp AG in Rorschacherberg zurückzuführen.

Und dann waren’s zwei mehr
In naher Zukunft wird durch die Abwasserreinigungsanlage Altenrhein noch mehr Wasser fliessen. Denn im vergangenen Jahr haben sich die Gemeinden Rehetobel mit etwa 2500 Einwohnern und Speicher mit etwa 3400 Einwohnern entschieden, dem Verband beizutreten. «Der Anschluss an unsere Grosskläranlage ist bezüglich der Reinigungsleistung und aus wirtschaftlicher Sicht vorteilhaft», schreibt Christoph Egli. Jetzt würden die Projekte für den Anschluss der Gemeinden ausgearbeitet. Egli sagt, dass der Anschluss von Rehetobel im Jahr 2015 erfolgen könne. In einer zweiten Phase ist dann die Reihe an Speicher, und zwar ungefähr zwei Jahre später.

«So gut wie nie zuvor»
Zufrieden sind Verwaltungsratspräsident Robert Raths und Geschäftsführer Christoph Egli mit der Reinigungsleistung, die «noch nie so gut war wie in diesem Jahr. Die Einleitbedingungen wurden erstmals lückenlos erfüllt.» Besonders bemerkenswert sei diese Tatsache, weil dies mit geringerem Energie- und Fällmitteleinsatz erreicht worden sei.

Erfreulich auch, dass der Energiebedarf weiter vermindert werden konnte, und zwar um über 20 Prozent innerhalb zweier Jahre. In absoluten Zahlen ausgedrückt: von 11,2 auf 8,9 Gigawattstunden. Und positiv auch, dass es nicht mehr stinkt bei der Anlage. «Es sind im vergangenen Jahr keine entsprechenden Reklamationen mehr eingegangen», stellt Egli zufrieden fest. Dass es da oder dort trotzdem einmal zu Geruchsimmissionen im Kanalnetz komme, sei in der Branche in der ganzen Schweiz unumgänglich. Entsprechenden Hinweisen gingen sie selbstverständlich nach. Während des ganzen vergangenen Jahres hätten sie über alle Geschäftsprozesse lediglich sieben Vorfälle mit wenig gravierenden Auswirkungen registriert.

Mehr Gas und Strom
In seinem Rückblick erwähnt Christoph Egli auch die Annahmestation für Speiseabfälle. Entgegengenommen werden von Haushalten, aus Gewerbe und Industrie biogene Abfälle, Gastroabfälle, überlagerte Lebensmittel, Retouren aus dem Detailhandel und Fehlproduktionen. Im ersten vollen Betriebsjahr seien 3732 Tonnen Material angeliefert worden. Eglis Bilanz: «Die Klärgasmenge konnte dank dieser mit vergärten Stoffe um 36 Prozent auf 2,4 Millionen Kubikmeter gesteigert werden, und die in den eigenen Blockheizwerken produzierte Strommenge stieg gar um 45 Prozent auf knapp dreieinhalb Kilowattstunden an.»

All die Anstrengungen um die Energieeffizienz machen sich nicht nur in Zahlen innerhalb der Anlage bemerkbar. Sie werden auch von aussen her honoriert. So wurde der Abwasserverband in diesem Jahr mit der «Médaille d’eau» ausgezeichnet (Ausgabe vom 5. März 2013).

Weniger investiert
Auch finanziell hat sich der Abwasserverband Altenrhein nicht zu beklagen. Die Rechnung 2012 schliesst mit einem historisch tiefen Verschuldungsfaktor und mit einem Ertragsüberschuss von 110 917 Franken ab, dies nach Abschreibungen und Einlagen in verschiedene Vorfinanzierungen in der Höhe von gut vier Millionen Franken.

Investiert wurde im Berichtsjahr mit 2,5 Millionen Franken «weit weniger als in den Vorjahren», sagt Christoph Egli. Budgetiert waren 4,87 Millionen Franken. Egli begründet: «Einige Projekte waren noch nicht ausführungsreif oder haben sich verzögert.» Für das laufende Jahr werden Investitionen von 5,5 Millionen Franken budgetiert.

Die Jahresrechnung 2012 wurde an der Delegiertenversammlung Ende Februar genehmigt.